Damit Roboter fühlen können

Mithilfe von maschinellem Lernen entwickelten ETH-Forschende neuartige, günstige Tastsensoren. Die Sensoren messen einwirkende Kr?fte hochaufl?send und pr?zise. Sie erm?glichen Roboterarmen, empfindliche oder zerbrechliche Gegenst?nde zu greifen.

Greifroboter
Bitte nicht fallen lassen – ein herk?mmlicher Greifroboter bei der Arbeit. (Bild: Shutterstock)

Wir Menschen haben keine Probleme, zerbrechliche oder glitschige Gegenst?nde mit den H?nden zu greifen. ?ber den Tastsinn spüren wir, ob wir ein Objekt fest im Griff haben oder ob es uns bald zu entgleiten droht. Entsprechend k?nnen wir unsere Kraft dosieren. Auch die Greifarme von Robotern ben?tigen eine solche Rückmeldung, wenn sie fragile oder rutschige Gegenst?nde oder solche mit einer komplexen Oberfl?che greifen sollen.

Robotikforschende der ETH Zürich haben nun einen Tastsensor entwickelt, der genau bei solchen Anwendungen zum Zug kommen kann – und somit ein Schritt ist hin zu dem, was die Ingenieure ?Roboterhaut? nennen.  Der Sensor ist sehr einfach konstruiert und damit günstig in der Herstellung, wie die Ingenieure betonen. Im Wesentlichen besteht er aus einer elastischen Silikonhaut, auf deren Unterseite farbige Mikrokügelchen aus Kunststoff angebracht sind, sowie einer herk?mmlichen Kamera.

Prototyp des Tastsensors
Der Prototyp des Tastsensors. (Bild: ETH Zürich)

Rein optische Messung

Der Sensor funktioniert optisch: Berührt der Sensor einen Gegenstand, wird die Silikonhaut verformt. Dabei ver?ndert sich auch das Muster der Mikrokügelchen, was die Fischaugenkamera auf der Unterseite des Sensors registriert. Aus dem Muster l?sst sich dann errechnen, welche Kr?fte auf den Sensor einwirken.

?Herk?mmliche Kraftsensoren registrieren die einwirkende Kraft nur an einem einzigen Punkt. Wir k?nnen mit unserer Roboterhaut hingegen mehrere auf die Sensorfl?che einwirkende Kr?fte unterscheiden und diese hochaufl?send und pr?zise bestimmen?, sagt Carlo Sferrazza. Er ist Doktorand in der Gruppe von Raffaello D’Andrea, Professor für Regelungstechnik an der ETH Zürich. ?Ausserdem k?nnen wir die Richtung bestimmen, aus der eine Kraft wirkt?, sagt Sferrazza. Das heisst die Forscher k?nnen nicht nur die senkrecht auf den Sensor wirkenden Druckkr?fte bestimmen, sondern auch quer wirkende Scherkr?fte.

Mikrokügelchen
Mikrokügelchen auf der Unterseite der Silikonhaut. Eine Kamera registriert deren Verschiebung, nachdem Kraft auf sie einwirkt. (Bild: ETH Zürich)
Automatisierte Messungen
Automatisierte Messungen. (Bild: Sferrazza C et al. IEEE Access 2019)

Datengetriebene Entwicklung

Um errechnen zu k?nnen, welche Verschiebungen der Mikrokügelchen von welchen Kr?ften herrühren, nutzten die Ingenieure einen umfangreichen Satz an Versuchsdaten: Sie testeten maschinengesteuert und somit standardisiert eine Vielzahl verschiedener Sensor-Berührungen, wobei sie den Ort der Berührung, die Krafteinwirkung und die Gr?sse des berührenden Objekts genau kontrollierten und systematisch variierten. Mithilfe maschinellen Lernens gelang es ihnen, diese mehreren Tausend erfassten Berührungen pr?zise mit den Ver?nderungen des Kügelchen-Musters in Verbindung zu bringen.

Mit dem Abspielen des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerkl?rung von YouTube.Mehr erfahren OK
(Video: ETH Zürich)

Der dünnste Sensor-Prototyp, den die Forscher bisher gebaut haben, ist 1,7 Zentimeter dick und hat eine Messfl?che von 5 mal 5 Zentimetern. Die Ingenieure sind allerdings daran, mit derselben Technik gr?ssere Sensorfl?chen zu entwickeln, die mehrere Kameras nutzen, und die auch Objekte mit komplexen Formen erkennen k?nnen. Ausserdem wollen die Forschenden den Sensor dünner machen – eine Dicke von 0,5 Zentimeter w?re laut ihnen mit derzeit existierender Technologie denkbar.

Robotik, Sport und Virtual Reality

Weil das elastische Silikon rutschfest ist und der Sensor Scherkr?fte messen kann, eignet er sich gut, um damit Robotergreifarme auszurüsten. ?Der Sensor würde erkennen, wenn dem Greifarm ein Objekt zu entgleiten droht, womit der Roboter seine Kraft anpassen k?nnte?, erkl?rt Sferrazza.

Mit einem solchen Sensor k?nnten Forschende ausserdem die H?rte von Materialien testen oder Berührungen digital erfassen. Als Wearables konzipiert k?nnten Radsportler ihre Kraftübertragung auf das Fahrrad respektive die Pedale messen, genauso wie L?uferinnen die Kraftübertragung auf ihre Schuhe beim Joggen. Schliesslich k?nnten solche Sensoren wichtige Informationen bei der Entwicklung von Berührungsfeedback zum Beispiel für Virtual-Reality-Spiele geben.

Literaturhinweis

Sferrazza C, Wahlsten A, Trueeb C, D’Andrea R: Ground Truth Force Distribution for Learning-Based Tactile Sensing: A Finite Element Approach. IEEE Access 2019, doi: externe Seite10.1109/ACCESS.2019.2956882

Sferrazza C, D’Andrea R: Design, Motivation and Evaluation of a Full-Resolution Optical Tactile Sensor. Sensors 2019, 19: 928, doi: externe Seite10.3390/s19040928

JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert