Gut vernetzt: Die ETH im Dialog mit Gesellschaft und Politik

Autorin: Andrea Schmits

Die ETH Zürich steht in regem Dialog mit Politik und Gesellschaft. Zum einen, um direkt die Bedürfnisse der verschiedenen Bezugsgruppen zu erfahren. Zum anderen, um Wissen zu vermitteln und zur L?sung von Problemen beizutragen.  

Die Welt steht vor grossen Herausforderungen: Auf die Pandemie folgten Ukraine-Krieg, Energiekrise und Inflation – vom Klimawandel und Biodiversit?tsverlust ganz zu schweigen. Umso gr?sser ist das Bedürfnis von Gesellschaft und Politik nach einem Dialog mit der Wissenschaft. Das spürt auch die ETH Zürich: ?Die Nachfrage nach Austausch mit der ETH hat zugenommen. Gefragt sind etwa unsere wissenschaftliche Expertise und innovativen Technologien?, sagt Norbert Staub, Verantwortlicher für Politikbeziehungen der ETH. ?Als Hochschule, die zu rund zwei Dritteln von der ?ffentlichen Hand finanziert wird, ist es unsere Aufgabe, L?sungen aufzuzeigen.?

Die ETH tauschte sich im Jahr 2022 rege und kontinuierlich mit ihren Bezugsgruppen aus: Sei es auf Bundesebene mit dem Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF), dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI), dem Departement für Verteidigung, Bev?lkerungsschutz und Sport (VBS), mit Bundeshausfraktionen, Kommissionen und der Bundeskanzlei oder auf Ebene Standort mit dem Zürcher Regierungsrat und dem Stadtrat von Zürich. Dem Transfer von ETH-Know-how in die ?ffentliche Verwaltung widmet sich seit 2022 spezifisch auch eine Stelle im Vizepr?sidium Wissenstransfer und Wirtschaftsbeziehungen.

Grosses Engagement für die Re-Assoziierung

Ein wichtiges Thema für die ETH blieb die Nicht-Assoziierung bei Horizon Europe, dem gr?ssten Forschungsf?rderprogramm der Welt. Seit die EU-Kommission die Schweiz im Juli 2021 nach dem Scheitern des Rahmenabkommens zu einem nichtassoziierten Drittstaat degradiert hat, bleibt der ETH der volle Zugang zu zentralen Elementen der europ?ischen Forschungszusammenarbeit bis auf Weiteres verwehrt.

Zwar sorgen die vom Bund rasch installierten ?bergangs- und Ersatzmassnahmen für eine teilweise Kompensation. Doch da die Schweiz in der Vergangenheit beim Einwerben der begehrten ERC-Grants sehr erfolgreich war und viele ihrer Forschenden durch die Leitung von Verbundprojekten die Richtung grosser Forschungsvorhaben mitpr?gen konnten, bleibt die Situation schmerzlich. Denn dieser Gestaltungsspielraum wird für die Schweiz durch die fehlende Assoziierung eingeschr?nkt respektive geht verloren.

ETH-Pr?sident Jo?l Mesot betonte bei zahlreichen Auftritten und Mediengespr?chen, dass die Schweiz riskiere, ihre Stellung als wissenschaftliches Schwergewicht zu verlieren: ?Die Wissenschaft ist extrem vernetzt: Allein die ETH hat über 9000 Forschungskontakte auf der Welt, über die H?lfte davon im EU-Raum. So etwas entsteht nicht in ein paar Jahren, das dauert Jahrzehnte. Nun k?nnten wir das verlieren?, sagte Mesot beispielsweise im Gespr?ch mit der NZZ. Schaden nehme aber nicht nur die Schweiz. Es sei schliesslich der ganze Forschungsplatz Europa, der sich in einer politisch und wirtschaftlich schwierigen Phase schw?che.

Um dem entgegenzuwirken, hat die ETH 2022 zusammen mit dem ETH-Rat, der EPFL, britischen Forschungsorganisationen und unterstützt von rund 6000 Forschenden aus ganz Europa eine internationale Kampagne lanciert: Unter dem Slogan ?Stick to Science? haben die Beteiligten einen offenen Brief an die EU-Kommissionspr?sidentin Ursula von der Leyen geschickt. Darin baten sie darum, die hervorragend funktionierende Forschungszusammenarbeit in Europa aus der politischen Diskussion auszuklammern und die Schweiz und Grossbritannien m?glichst rasch wieder beim EU-Forschungsprogramm zu assoziieren.

Europakarte mit vielen bunten Datenpunkten, die für die Unterstützer:innen stehen.
Mit der ?Stick to Science?-Kampagne fordert die europ?ische Wissenschaftsgemeinschaft die Re-Assozierierung der Schweiz und Grossbritanniens am EU-Forschungsprogramm Horizon Europe. Im Bild: Die geografische Verteilung der Unterstützerinnen und Unterstützer der Kampagne (Bild: https://stick-to-science.eu/supporter-map/, Bildschirmfoto vom 1. Februar 2023)

Zusammenarbeit und Austausch mit der Schweiz …

Neben Horizon Europe gab es weitere wichtige Themen, bei denen sich die ETH in den Dialog einbrachte, konkrete L?sungen aufzeigte und die sie zusammen mit Partnern implementierte. So unterstützen Vertreter der Hochschule den Bund dabei, Strukturen zu entwickeln, um für künftige Krisen aller Art besser gewappnet zu sein. Ziel ist ein interdisziplin?res wissenschaftliches Netzwerk, das in Krisenlagen rasch die n?tige Expertise liefern kann.

Weiter führten erste Projekte aus der im Jahr 2020 zusammen mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) und der EPFL lancierten Initiative ?Engineering for Humanitarian Action? zu konkreten Verbesserungen für das IKRK. Die Partnerschaft hat zum Ziel, mit innovativen Technologien und wissenschaftlicher Expertise Menschen in Not zu helfen.

Zu den Themen Digitalisierung im Gesundheitswesen und digitale Souver?nit?t trafen sich ETH-Pr?sident Mesot und Bundeskanzler Walter Thurnherr zu einer Gespr?chsserie. Und bei einem Besuch der SP-Bundeshausfraktion liess sich Bundesr?tin Simonetta Sommaruga mit ihren Kolleginnen und Kollegen aktuelle Energie- und Klimaprojekte an der ETH zeigen.

Den proaktiven Dialog mit der Gesellschaft pflegte die ETH mit Angeboten wie Treffpunkt Science City, Auftritten an der Olma in St. Gallen, dem WEF in Davos oder im Rahmen der Partnerschaft mit Sustainable Switzerland am ersten Swiss Sustainability Forum.

Mit dem Abspielen des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerkl?rung von YouTube.Mehr erfahren OK
Die H?hepunkte des ETH-?Auftrittes am WEF 2022 (Video: ETH Zürich / Daniel Barnbeck)

… und der Welt

Als Hochschule mit globaler Strahlkraft beschr?nkt sich die ETH aber nicht auf die Schweiz. Institutionelle Auftritte wie zum Beispiel im Rahmen der externe SeiteBerlin Science Week oder der Milano Design Week und solche einzelner Vertreterinnen und Vertreter auf TED-Bühnen oder an der European Hyperloop Week dienen dem Dialog mit Menschen auf der ganzen Welt.

Mit internationalen Hochschulen und Partnern aus Politik und Verwaltung tauscht sich die ETH im Rahmen ihrer Netzwerke aus – zum Beispiel der International Alliance of Research Universities (IARU), der ENHANCE-Allianz von zehn technischen Universit?ten in Europa, der die ETH kürzlich beigetreten ist, sowie dem Singapore-ETH Centre, dem Forschungshub, den die ETH seit 2010 in Singapur betreibt. Ein grosses Anliegen der ETH ist es auch, auf internationaler Ebene zur St?rkung des Multilateralismus und der Wissenschaftsdiplomatie beizutragen. So engagiert sich die ETH zum Beispiel im Rahmen der Initiative Geneva Science and Diplomacy Anticipator.  

JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert