Pflanzen brauchen Jahrmillionen, um sich von Klimaschocks zu erholen

Katastrophale Vulkanausbrüche führten in der Erdgeschichte wiederholt zu massiven Klimaerw?rmungen. Forschende zeigen, wie sich solche Erw?rmungsschübe auf die Regenerationsf?higkeit natürlicher ?kosysteme und das Klima auswirkten – und welche Folgen heute drohen.

Im Hintergrund bricht ein Vulkan aus, im Vordergrund fliesst glühende Lava über dunkles Gestein
Lang anhaltender Vulkanismus erw?rmte in der Erdgeschichte das Klima markant, was wiederum die klimaregulierende Wirkung der Vegetation über Millionen von Jahren senkte. (Bild: Mateusz / Adobe Stock)

In Kürze

  • Nach geologischen Ereignissen wie Perioden von besonders ausgepr?gtem Vulkanismus, die eine starke Klimaerw?rmung zur Folge haben, erholt sich die Vegetation der Erde nur sehr langsam. Dies zeigten Forschende anhand eines Modells, das es ihnen erlaubte, weit zurück in die Erdgeschichte zu schauen.
  • Die Ergebnisse verdeutlichen, dass der derzeitige, vom Menschen verursachte Klimawandel für die pflanzlichen ?kosysteme und das Klima langfristige Risiken birgt.
  • Vegetationsver?nderungen beeinflussen auch das natürliche Regulierungssystem von Kohlenstoffkreislauf und Klima. Es dauert daher l?nger als angenommen, bis sich wieder ein stabiles Klimagleichgewicht einstellt.

Wissenschaftler:innen suchen oft in der Umwelt nach Antworten auf die dr?ngendsten Probleme der Menschheit. In Bezug auf die aktuelle globale Erw?rmung bietet die Geologie Einblicke, die zeitlich weit zurückreichen. Denn in der Erdgeschichte gab es mehrere Perioden mit besonders ausgepr?gtem Vulkanismus, bei denen grosse Mengen an Treibhausgasen in die Atmosph?re gelangten. Dies l?ste rasche Klimaerw?rmungen aus, die in Extremf?llen zu Massenaussterben von Arten an Land und in den Ozeanen führten. Diese Phasen extremen Vulkanismus k?nnten den Kohlenstoffkreislauf und damit das Klima für Millionen von Jahren gest?rt haben.

?kologisches Ungleichgewicht

Erd- und Umweltwissenschaftler:innen der ETH Zürich zeigen nun in einer neuen Studie in der Fachzeitschrift Science, wie die Vegetation in der Vergangenheit auf starke Klimaver?nderungen reagierte und sich daran anpasste und wie solche Ver?nderungen das natürliche Regulierungssystem von Kohlenstoffkreislauf und Klima beeinflussen.

Für diese Studie arbeiteten die Forschenden mit Kolleg:innen der Universit?ten von Arizona und Leeds (GB), des CNRS Toulouse und der Eidgen?ssischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) zusammen.

Das Forschungsteam nutzte Isotopenanalysen von Sedimenten und verglich diese Daten mit einem von ihnen erstellten Computermodell. Das Modell bildet die Vegetation und ihre Rolle bei der Regulierung des geologischen Klimasystems ab.

Mit ihrem Modell haben die Forschenden verschiedene Szenarien durchgespielt, wie die Erde und ihre Vegetation auf die starke Freisetzung von Kohlenstoff durch vulkanische Aktivit?ten reagiert. Sie untersuchten insbesondere drei bedeutende Klima?nderungen in der Erdgeschichte, darunter das Sibirische Trapp-Ereignis vor etwa 252 Millionen Jahren, das das Massenaussterben am ?bergang vom Perm zur Trias ausl?ste.

?Das Sibirische Trapp-Ereignis setzte w?hrend 200’000 Jahren rund 40’000 Gigatonnen Kohlenstoff frei. Die Folge war ein Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um fünf bis zehn Grad Celsius. Dieser Klimaschock führte zum gr?ssten Artensterben der Erdgeschichte?, erkl?rt Taras Gerya, Professor für Geophysik an der ETH Zürich.

 

Vergr?sserte Ansicht: Plateau im Sommer, Gebirgstal durch welches sich ein Fluss zieht
Diese vor 252 Millionen Jahren gebildeten Tafelberge des Putorana-Plateaus in Sibirien bestehen aus m?chtigen Gesteinsschichten vulkanischen Ursprungs. (Bild: Sergei / Adobe Stock)
Vergr?sserte Ansicht: Schlucht, mit Schnee bedeckt Gesteinsbrocken.
Flüsse haben im Lauf der Zeit tiefe Schluchten gegraben. (Bild: Crazy nook / Adobe Stock)

Ausweichen, anpassen oder aussterben

?Es dauerte mehrere Millionen Jahre, bis sich die Vegetation von diesem Ereignis erholt hatte. W?hrend dieser Erholungsperiode  war das Kohlenstoff-Klima-Regulierungssystem der Erde wahrscheinlich schwach und ineffizient, was zu einer langfristigen Klimaerw?rmung führte?, erkl?rt Julian Rogger, Doktorand in den Gruppen von ETH-Professoren Taras Gerya und Lo?c Pellissier und Erstautor der Studie.

Die Forschenden fanden heraus, dass die Schwere solcher Ereignisse davon abh?ngt, wie schnell der emittierte Kohlenstoff gebunden werden kann, zum Beispiel durch die Verwitterung von Silikatmineralien oder als organischer Kohlenstoff in Sedimenten.

Die Forschenden zeigen auch, dass die Zeit, die das Klima braucht, um einen neuen Gleichgewichtszustand zu erreichen, davon abh?ngt, wie schnell sich die Vegetation an die steigenden Temperaturen angepasst hat. Einige Pflanzenarten konnten sich durch Evolution anpassen. Andere fanden in kühleren Regionen einen neuen Lebensraum. Einige geologische Ereignisse waren jedoch so katastrophal, dass viele Pflanzen nicht genügend Zeit hatten, um sich an den anhaltenden Temperaturanstieg anzupassen oder geografisch auszuweichen. Die Folgen dieser Ereignisse pr?gten die geochemische Entwicklung des Klimas für Tausende oder gar Millionen von Jahren.

Die heutige menschengemachte Klimakrise

Was bedeutet dies für den vom Menschen verursachten Klimawandel? Die Forscherinnen und Forscher zeigen in ihrer Studie, dass St?rungen der Pflanzenwelt in der Vergangenheit die Dauer und Schwere von Klimaerw?rmungen erh?ht haben. In gewissen F?llen hat es Millionen von Jahren gedauert, bis sich ein neues stabiles Klimagleichgewicht eingestellt hat. Der Grund dafür ist, dass die Vegetation weniger in der Lage war, den Kohlenstoffkreislauf der Erde zu regulieren.

?Wir befinden uns heute in einer globalen bioklimatischen Krise?, sagt Lo?c Pellissier, Professor für ?kosysteme und Landschaftsentwicklung an der ETH Zürich und der WSL. ?Unsere Studie zeigt, wie wichtig funktionierende Vegetationssysteme sind, damit sich die Erde von klimatischen Ver?nderungen erholen kann. Wir setzen heute schneller Treibhausgase frei als alle bisherigen Vulkanereignisse. Wir Menschen sind auch die Hauptursache für die weltweite Entwaldung, die die F?higkeit natürlicher ?kosysteme zur Klimaregulierung stark einschr?nkt. Die Weltgemeinschaft sollte unsere Studie als einen Weckruf auffassen.?

Literaturhinweis

Rogger J, Judd EJ, Mills BJW, Goddéris Y, Gerya TV, Pellissier L: Biogeographic climate sensitivity controls Earth system response to large igneous province carbon degassing. Science, 8. August 2024, doi: externe Seite10.1126/science.adn3450

JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert