Eine neue Lösung für die Stromversorgung von Herzpumpen

Fast jeder zweite Tr?ger eines Kreislaufunterstützungssystems hat mit Infektionen zu k?mpfen. Der Grund dafür ist das dicke Kabel für die Stromversorgung. ETH-Forschende haben nun eine L?sung für das Problem gefunden.

Mann schaut sich das neue Kabelsystem für Herzpumpen an
Andreas Kourouklis hat einen Pioneer Fellowship der ETH Zürich erhalten, um ein neues Kabelsystem für Herzpumpen zu entwickeln. (Bild: Nici Lebküchner / ETH Zürich)

In Kürze

  • Bei Patient:innen mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz, die auf ein künstliches Kreislaufunterstützungssystem angewiesen sind, kommt es h?ufig zu Entzündungen an der Kabel-Austrittsstelle.
  • ETH-Forschende haben ein neues Kabelsystem mit kleinen Kratern auf der Oberfl?che entwickelt, das Entzündungen und Infektionen vorbeugt.
  • Dadurch k?nnen die ?ussersten Hautschichten schneller heilen und Patient:innen werden besser vor Bakterien geschützt.

Viele Patient:innen, die auf ein Spenderherz warten, k?nnen nur mithilfe einer Pumpe weiterleben, die direkt an ihrem Herzen angebracht ist. Diese Pumpe braucht etwa so viel Strom wie ein Fernseher, den sie über ein sieben Millimeter dickes Kabel aus einer externen Batterie zieht. Das System ist zwar handlich und zuverl?ssig, hat aber eine grosse Schw?che: Trotz medikament?ser Massnahmen kann die Austrittsstelle des Kabels am Bauch zum Einfallstor für Bakterien werden.

Geht es nach ETH-Forscher Andreas Kourouklis soll dieses Problem bald der Vergangenheit angeh?ren. Gemeinsam mit ETH-Professor Edoardo Mazza und ?rzt:innen des Deutschen Herzzentrums in Berlin hat der Ingenieur ein neues Kabelsystem entwickelt, das die Herzpumpe mit Strom versorgt, ohne dass es dabei zu Infektionen kommt. Das ist besonders relevant, da drahtlose Methoden zur Stromübertragung in absehbarer Zeit nicht für Patient:innen zur Verfügung stehen werden. Kourouklis hat ein Pioneer Fellowship der ETH Zürich erhalten, um die Technologie voranzutreiben.

Dünne Dr?hte mit Kratern ersetzen dickes Kabel

?Durch das dicke Kabel in bestehenden Kreislaufunterstützungssystemen entsteht eine offene Wunde, die nicht verheilt und die Lebensqualit?t von Patient:innen stark beeintr?chtigt?, erkl?rt Kourouklis. Um die Austrittsstelle herum bildet sich schlecht durchblutetes Narbengewebe, das nicht nur die Selbstheilung der Haut beeintr?chtigt, sondern auch das Infektionsrisiko erh?ht. Da die ?usseren Hautschichten auf der glatten Oberfl?che des Kabels nur schlecht anhaften, wachsen sie nach unten ein. Dadurch gelangen Bakterien von der Hautoberfl?che in tiefere Gewebeschichten. Die Folge: Patient:innen haben regelm?ssig mit Infektionen zu k?mpfen, die im Krankenhaus behandelt werden müssen.

Eine Technologie von ETH-Forschenden um Andreas Kourouklis soll nun Abhilfe schaffen: Statt eines dicken Kabels, das steifer als die menschliche Haut ist, sollen mehrere dünne und flexible Dr?hte mit einer gew?lbten, unregelm?ssigen Oberfl?che die Stromversorgung der Herzpumpe sicherstellen. Die Forschenden vergleichen ihren Ansatz mit menschlichen Haaren, die die Haut durchbrechen, ohne Infektionen zu verursachen: ?Flexiblere Dr?hte mit einer Oberfl?che voller kleiner, unregelm?ssiger Krater unterstützen die Wundheilung der Haut?, sagt Kourouklis. Der Grund: Die ?ussersten Hautschichten haften besser an diesen Dr?hten und wachsen nicht nach unten ein. Es bildet sich schneller neues Gewebe und die Haut bleibt als Barriere gegen bakterielle Infektionen eher intakt.

Wassertropfen erzeugen kleine Krater

Um die Krater auf der Kabeloberfl?che zu erzeugen, haben die Forschenden um Kourouklis und ETH-Professor Mazza ein neues Verfahren entwickelt. Damit k?nnen sie auch Oberfl?chen, die nicht flach sind, mit sehr kleinen, unregelm?ssigen Mustern versehen, was bis anhin nicht m?glich war.

Die Methode, die aktuell an der ETH Zürich patentiert wird, funktioniert wie folgt: Die Forschenden überziehen die flexiblen Dr?hte mit einer dünnen Silikonschicht und kühlen sie auf minus 20 Grad Celsius hab. Dadurch wird die Oberfl?che formbar. Anschliessend kommen die Dr?hte in die Kondensationskammer, wo sich kleine Wassertropfen in die fluide Silikonschicht drücken so unregelm?ssige Krater erzeugen. Dazu Pioneer Fellow Kourouklis: ?Wir k?nnen die Position der Krater über die Feuchtigkeit und die Temperatur in der Kondensationskammer ver?ndern.?

Die Herausforderung dabei ist, dass die Krater weder zu gross noch zu klein sein dürfen: Sind sie zu gross, k?nnen sich Bakterien darin einnisten und das Infektionsrisiko steigt. Sind sie hingegen zu klein, bleibt die Haut daran nicht haften und w?chst nach unten – auch in diesem Fall steigt die Gefahr von Infektionen. Ein klassisches Optimierungsproblem, das Kourouklis und sein Team durch computergestützte Modelle und Experimente zu l?sen versuchen.

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(Video: ETH Zürich)

Erste Tests best?tigen geringere Infektionsgefahr

Die ersten Tests führten Kourouklis und seine Kolleg:innen an Hautzellkulturen durch. Erst dann wurden sowohl das neue Kabelsystem als auch das alte, dicke Kabel einem Schaf implantiert. Die Ergebnisse stimmen den ETH-Forscher optimistisch: W?hrend die dicken Kabel mit glatter Oberfl?che zu schweren Entzündungen führten, kam es bei den dünnen, flexiblen Kabeln nur zu milden Entzündungsreaktionen. Kein Schaf erlitt bei den Versuchen bleibende Verletzungen.

Wichtiger noch: Die Haut der Schafe haftete besser an den neuen Kabeln an und wuchs im Vergleich zu den dicken Kabeln kaum nach unten. Dementsprechend kam es bei den dünnen Kabeln mit Kratern auch nicht zu Infektionen der Austrittswunde bei den Tieren.

Kourouklis arbeitet derzeit mit Medizintechniker:innen und Herzchirurg:innen daran, das Kabelsystem zu verbessern. Sein Ziel ist, die Technologie so bald wie m?glich auf den Markt zu bringen. Bevor das neue Kabelsystem jedoch bei Herzpatienten eingesetzt werden kann, sind noch eine Reihe von Tests an Hautmodellen, Tieren und schliesslich an Menschen notwendig.

Pioneer Fellowship Programm

Das Pioneer Fellowship ist ein umfassendes Unterstützungsprogramm, das innovativen Denker:innen ideale Bedingungen für den Beginn ihrer unternehmerischen T?tigkeit bietet. Das Programm richtet sich prim?r an Doktorierende, steht aber auch Masterstudierenden und Postdocs offen. Pioneer Fellows erhalten ein Stipendium von 150'000 Franken über 12 bis 18 Monate, zus?tzlich zu umfassendem Mentoring und Ausbildung. Die Pioneer Fellowships werden gemeinsam von der ETH Foundation und der ETH Zürich finanziert.

Dieses spezifische Projekt wurde von der Fondation Alcea und Innosuisse gef?rdert und ist ein Teil des externe SeiteZurich Heart Projektes der Hochschulmedizin Zurich.

Literaturhinweis

Kourouklis A, Kaemmel J, Wu X, Potapov E, Cesarovic N, Ferrari A, Starck C, Falk V, Mazza E. Systems of conductive skin for power transfer in clinical applications, European Biophysics Journal 2021, 51: 171, doi: 10.3929/ethz-b-000505294

Kourouklis A, Kaemmel J, Wu X, Banos M, Chanfon A, de Brot S, Ferrari A, Cesarovic N , Falk V, Mazza E. Transdermal wires for improved integration in vivo, Biomaterials Advances 2023, 153: 213568, doi: externe Seite10.1016/j.bioadv.2023.213568

 

 

 

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