Tonmineralien geben beim Kohlenstoff den Ton an

Im Meerwasser schwebende Tonmineralien binden Kohlenstoff des Sediments an ihre Mineraloberfl?chen. Die Menge an gebundenen Kohlenstoff und dessen Herkunft h?ngt jedoch stark von der Art der beteiligten Tonmineralien ab. Das zeigt ein Forschungsteam der ETH Zürich und der Universit?t Tongji anhand von Sedimenten im Südchinesischen Meer.

Chinesische Wissenschaftler holen eine Sedimentfalle an Bord. In den weissen Plastikröhrchen hat sich Sediment angereichert. (Bild: Tongji University Deep-Sea Sedimentology Team )
Chinesische Wissenschaftler holen eine Sedimentfalle an Bord. In den weissen Plastikr?hrchen hat sich Sediment angereichert. (Bild: Tongji University Deep-Sea Sedimentology Team)

Flüsse führen den Weltmeeren fortw?hrend Sedimente zu. Zu den Hauptbestandteilen des Sediments geh?ren einerseits verschiedene Tonmineralien, die aus der Verwitterung von Gesteinen hervorgehen, andererseits organische Kohlenstoffverbindungen aus Pflanzenmaterial, das in B?den abgebaut wurde. Durch Erosionsprozesse gelangen diese beiden Bestandteile in Flüsse.

Auf dem Weg zu den Ozeanen verbinden sich organische Materie und Tonmineralien zu Ton-Humus-Komplexen. Im Meer angelangt, sinken diese Komplexe auf den Meeresgrund, wo sie von weiteren Sedimenten zugedeckt werden. Dadurch wird der Kohlenstoff, der in den Komplexen enthalten ist, festgelegt und über geologische Zeit aus der Atmosph?re und dem mit ihr in Verbindung stehenden Kohlenstoffkreislauf der Erdoberfl?che entfernt.

Aus diesem Grund sind Tonmineralien, die auch als Schichtsilikate bekannt sind, für den globalen Kohlenstoffkreislauf sehr wichtig: Rund 90 Prozent des organischen Kohlenstoffs, der in Sedimenten auf dem Meeresboden entlang der Kontinente festgelegt ist, gehen auf das Konto von Wechselwirkungen zwischen organischer Materie und verschiedenen Mineralien. Verschiedenartige Schichtsilikate haben daran einen besonders grossen Anteil , da sie aufgrund von ihrer kleinen Gr?sse und Geometrie eine besonders hohe spezifische Oberfl?che aufweisen und viel Kohlenstoff zu binden verm?gen.

Auf die Sorte kommt es an

Doch nicht alle Tonmineralien bilden mit organischer Substanz stabile Komplexe. Ein Team von Forschern der ETH Zürich und der Tongji Universit?t Shanghai zeigt in der Fachzeitschrift ?Science? auf, dass unterschiedliche Arten von Tonmineralien verschieden stark mit organischer Materie wechselwirken, was den Austausch von Organik bestimmt. Dies beeinflusst auch den Beitrag, den das jeweilige Tonmineral bei der Festlegung von Kohlenstoff leistet. Die Anhaftung von Kohlenstoffverbindungen an Schichtsilikate ist n?mlich abh?ngig von der mineralogischen Struktur und den Eigenschaften des jeweiligen Tonminerals. Je gr?sser die spezifische Oberfl?che und je st?rker deren Reaktivit?t, desto gr?ssere Mengen an organischer Materie kann an ihr anhaften und desto mehr Kohlenstoff wird im Sediment festgelegt.

Untersucht haben die Forscher solche Prozesse im Südchinesischen Meer. Hier treffen die Tonmineralien Smektit von der Philippinischen Hauptinsel Luzon, Kaolinit vom chinesischen Festland sowie Glimmer und Chlorit aus den Bergen Taiwans aufeinander. Der ehemalige ETH-Dok?to?rand und Studienerstautor Thomas Blattmann sagt, dass in diesem Meer die weltweit besten Bedingungen herrschten, um die Wechselwirkungen zwischen Schichtsilikaten und organischer Materie zu untersuchen. In anderen Ozeanen herrsche ein ?wildes Gemisch? von Schichtsilikaten, sodass sich die Prozesse, an denen die Forscher interessiert sind, überlagern. ?Dies erschwert es, den Beitrag einzelner Arten von Tonmineralien zu entschlüsseln. Im Südchinesischen Meer ist es allerdings klar, von welcher Landmasse welche Tonmineralien stammen. Das ist einmalig.?

Taiwans Mineralien als Kohlenstofffalle

Vergr?sserte Ansicht: Der Weg der Tonmineralien und der an sie gebundenen organischen Substanzen von der Landoberfläche ins Meeressediment. (Grafik: ETH Zürich nach Blattmann et al., Science 2019)
Der Weg der Tonmineralien und der an sie gebundenen organischen Substanzen von der Landoberfl?che ins Meeressediment. (Grafik: ETH Zürich nach Blattmann et al., Science 2019)

Smektit bildet sich bei der chemischen Verwitterung des vulkanischen Grundgesteins und verbindet sich im Süsswasser mit organischer Materie aus fruchtbaren, humusreichen B?den. Erreichen diese Komplexe jedoch das Salzwasser, tauschen die Smektite die organische Fracht aus. Sie nehmen im Meerwasser gel?ste Kohlenstoffverbindungen auf und entlassen die vom Land stammende organische Materie in den Ozean. Was dann mit dieser geschieht, ist unklar.

Blattmann h?lt es für wahrscheinlich, dass organische Substanzen von Luzon oxidieren, von Mikroorganismen aufgezehrt oder frei gel?st tausende von Jahren im Meerwasser verbleiben. Anders verhalten sich Schichtsilikate aus dem Gebirge Taiwans. Sie binden den kontinentalen Kohlenstoff aus Taiwan sehr stark und verfrachten so die organische Materie rasch und effizient ins Meer.

?Es kommt also auf die Art der Tonmineralien an, wie der von Landmassen stammende Kohlenstoff in die Weltmeere transferiert und umgelagert wird. Diese Mineralien beeinflussen den grossr?umigen Transfer der Organik von Kontinenten zu ihrer Senke am Meeresboden?, erkl?rt Blattmann.

Neue Erkenntnisse werfen neue Fragen auf

?Schichtsilikate spielen im weltweiten Kohlenstoffkreislauf eine wichtigere Rolle als wir bisher angenommen haben?, sagt Tim Eglinton, Professor am Geologischen Institut der ETH Zürich. Je gr?sser deren spezifische Oberfl?che sei, desto mehr organische Stoffe k?nnen sich anlagern und desto mehr Kohlenstoff werde auf dem Meeresgrund festgelegt. ?Quantifizieren l?sst sich dies jedoch nicht, dazu steht unser Wissen über das individuelle Verhalten der verschiedenen Tonmineralien erst am Anfang. Um Aussagen über den gesamten Meeresboden aller Weltmeere machen zu k?nnen, ben?tigen wir noch einiges an Forschung.?

Literaturhinweis

Blattmann TM, Liu Z, Zhang Y, Zhao Y, Haghipour N, Montlu?on DB, Pl?tze M, Eglinton TI. Mineralogical control on the fate of continentally-derived organic matter in the ocean. Science 03 Oct 2019: eaax5345, DOI: externe Seite10.1126/science.aax5345

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