Fortschritt für alle!

Wir sollten nicht die Arbeit der Technologie anpassen, sondern umgekehrt Wege finden, wie die Technologie allen nützt. Nicht zuletzt aus wirtschaftlichen ?berlegungen, meint Gudela Grote.

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Wir stehen vor einigen grundlegenden technologischen Durchbrüchen. Autonomes Fahren, vollautomatische Fertigung und h?usliche Pflege durch Roboter sind nicht mehr der Stoff für Science-Fiction-Filme. Die auff?lligsten und umstrittensten Innovationen betreffen die Robotik, die künstliche Intelligenz und das maschinelle Lernen: In diesen Bereichen müssen wir mit technischen Systemen interagieren, die wirklich ein Eigenleben führen.

Viele L?nder haben die Digitalisierung an die Spitze ihrer Agenda für Bildung, Besch?ftigung und soziale sowie wirtschaftliche Entwicklung gesetzt. Viele sind in Sorge deswegen: Werden künftig Arbeitspl?tze abgebaut? Verschwinden ganze Berufsgruppen? Was, wenn sich die Anforderungen bei Ausbildungen, Qualifikationen und Jobprofilen komplett verschieben?

Wer beeinflusst wen?

Zu oft wird davon ausgegangen, dass die Technologien ihren eigenen Weg gehen und sich die Arbeitnehmer und die Gesellschaft ihnen anpassen müssen. Wir sind anderer Meinung. Menschen gestalten Technologien. Die Gesellschaft pr?gt die Institutionen und die Politik, die Einfluss darauf nehmen, wie Technologie eingesetzt wird, wer davon profitiert und wie diejenigen, welche die Kosten des Wandels tragen, durch diejenigen, die davon profitieren, entsch?digt werden k?nnen.

Alle, die an der aktuellen Debatte über die zukünftige Produktion und Arbeit beteiligt sind, sollten einen Schritt zurück machen. Sie sollten die Pr?misse hinterfragen, dass Technologie nicht beeinflusst werden kann. Wir müssen uns fragen, was die technologische Innovation antreibt, und dann darüber diskutieren, wie sie zu mehr wirtschaftlichem Wohlstand und menschenwürdiger Arbeit für alle führen kann.
 

?Oft wird versucht, Produktivit?ts- und Arbeitsproblemen durchs Automatisieren aus dem Weg zu gehen.?Gudela Grote

Und es ben?tigt mehr direkten Kontakt: Ingenieurinnen und Wissenschaftler sollten mit den Konsumentinnen und Anwendern ihrer Produkte in einen Dialog treten. Dies k?nnte bedeuten, dass Mitarbeitende mit Expertinnen und Experten gemeinsam darüber nachdenken, wie eine Technologie Produktionsprozesse verbessern und ein vertr?gliches Wachstum f?rdern kann. Auch in den Unternehmen selber sollte es mehr Dialog geben, im Rahmen der Sozialpartnerschaft sollten beispielsweise die Mitarbeitenden in wichtige Entscheidungsprozesse pers?nlich einbezogen werden.

Was man von der Autoindustrie lernen k?nnte…

Wir glauben, dass in der Vergangenheit produzierende Unternehmen zu viel in die Automatisierung investiert haben, ohne sich ausreichend um soziale Belange zu kümmern. Sie haben oft versucht, ihren Produktivit?ts- und Arbeitsproblemen durchs Automatisieren aus dem Weg zu gehen.

In den 1980er Jahren gab General Motors beispielsweise über 50 Milliarden Dollar für Robotik aus, um zu effizienteren japanischen Herstellern aufzuschliessen. Dennoch beendete die Firma das Jahrzehnt als der kostenintensivere Produzent, weil sie es vers?umt hat, auch in ihre Belegschaft zu investieren und ihre Arbeitspraktiken so zu ?ndern, dass sich die neuen Technologien auszahlen. In der Zwischenzeit hat Toyota durch die schrittweise Einführung neuer Technologien und die gleichzeitige Investition in teambasierte Arbeitssysteme und ein hohes Mass an Mitarbeiterschulung ein Produktivit?tsniveau von Weltklasse erreicht.

Autoindustrie
Automatisierung in der Autoindustrie (Bild: Coulorbox)

…aber leider nicht alle tun

Man k?nnte annehmen, dass Konzernverantwortliche dieses Beispiel verinnerlicht h?tten. Elon Musk von Tesla anscheinend noch nicht. Ironischerweise erreicht Tesla in einem ehemaligen Toyota-Werk in Fremont, Kalifornien, seine Produktionsziele nicht. Zuvor erreichte dort Toyota mit der schrittweisen Einführung von Technologie und in enger Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmenden und ihrer Gewerkschaft eine hohe Produktivit?t. Warum strauchelt Tesla? Weil die Firma eine vollst?ndige Automatisierungsstrategie verfolgt. Und so überrascht es nicht, dass die Arbeiter in der Fabrik versuchen, eine Gewerkschaft zu gründen, um gegen anhaltende Sicherheitsprobleme, ?berlastung und niedrige L?hne zu protestieren. Investoren sind unterdessen besorgt, dass die Bargeldreserven des Unternehmens knapp werden k?nnten. Das Resultat kennen wir: Elon Musk hat angekündigt, rund 3'500 Stellen zu streichen.

Ebenso wurde Kritik laut an den fünfzehn Forschungsinstituten im Bereich Fertigungstechnologie, welche die US-Regierung derzeit nach dem Vorbild der deutschen Fraunhofer-Gesellschaft gründet. Obschon in Aussicht gestellt wurde, mit den staatlichen Programmen auch die Berufsbildung und die Weiterbildung zu f?rdern, zeigen erste Auswertungen dieser Programme, dass vor allem in die Technologieentwicklung investiert wurde. Die Ausbildung musste hintenanstehen. Nur beim Programm zum Thema Leichtbauweise ist es anders: Hier gehen die Unternehmen und Berufsschulen die Technologieentwicklung und Ausbildung zusammen an und kombinieren beides.

Forscher und Hersteller auf der ganzen Welt beginnen, diesen integrativen Ansatz für die Technologie zu übernehmen. Wichtige Forschungsinstitutionen wie das MIT und die ETH Zürich gründen Arbeitsgruppen, die sich mit diesem Thema befassen. Viele schwierige Fragen liegen vor uns. Wenn wir den Dialog über alle gesellschaftlichen Gruppen und Institutionen hinweg lancieren k?nnen, welche Technologien wie eingesetzt werden sollten, um Nutzen für alle zu schaffen, ist uns ein wichtiger erster Schritt gelungen.

Dies ist eine leicht angepasste Fassung eines Textes, der zuerst auf der externe SeiteWebsite des World Economic Forum erschienen ist. Gudela Grote hat ihn zusammen mit Thomas Kochan, Professor für Arbeits- und Besch?ftigungsforschung an der MIT Sloan School of Management, verfasst.  

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