Wir können die Wundheilung verbessern

Warum Wundheilungsst?rungen dringend besser erforscht werden müssen und warum es in diesem Bereich Grund zur Zuversicht gibt, schreibt Sabine Werner.

Sabine Werner

Die Zeit heilt alle Wunden, sagt man. Doch der Heilungsprozess nach der Verletzung von Organen und Geweben, wie zum Beispiel der Haut, ist beim Menschen nicht perfekt. Narben bleiben zurück. Im Vergleich zu nicht verletzter Haut sind Hautnarben weniger elastisch und reissfest, und es fehlen Haare, Talg- und Schweissdrüsen, denn diese regenerieren nicht. Insbesondere grossfl?chige Wunden, wie sie bei Verbrennungen vorkommen, führen zu schwerwiegenden funktionellen und kosmetischen Einschr?nkungen.

Fingerwunde
Bei vielen Menschen verheilen kleinere Wunden am Finger schnell. Für manche Patienten ist eine gest?rte Wundheilung jedoch ein grosses Problem (Symbolbild). (Bild: Colorbox)

W?hrend Süsswasserpolypen und Plattwürmer nach einer Amputation sogar den Kopf und Salamander zumindest Gliedmassen regenerieren k?nnen, besitzen S?ugetiere nur noch Rudimente dieser F?higkeiten: M?use allen Alters und Kinder k?nnen immerhin abgeschnittene Fingerkuppen wieder herstellen, wenn ein Teil des Nagels erhalten ist. Die Tatsache, dass Menschen gewisse regenerative F?higkeiten besitzen, macht mir und anderen Wissenschaftlern Hoffnung, dass wir diese F?higkeiten dereinst besser aktivieren k?nnen.

Die Regeneration ganzer Gliedmassen von Menschen liegt sicher noch in ferner Zukunft und kann vielleicht nie erreicht werden. Eine verbesserte Therapie von Wundheilungsst?rungen ist meines Erachtens aber ein realistisches Forschungsziel für die n?chsten Jahre.

?Durch die zunehmende Zahl an alten Menschen kommen Wundheilungsst?rungen sehr h?ufig vor.?Sabine Werner

H?ufige Heilungsst?rungen

Fortschritte auf diesem Gebiet werden dringend ben?tigt, da durch die zunehmende Zahl an alten Menschen, sowie an Patienten, die an Diabetes oder Krebs leiden oder die mit immunsuppressiven Medikamenten behandelt werden, Wundheilungsst?rungen sehr h?ufig vorkommen. Bei diesen Patienten kommt es oft zur Bildung von nicht heilenden Hautgeschwüren. Damit sind Schmerzen verbunden, es entsteht ein schlechter Geruch, und die Patienten sind funktionell eingeschr?nkt. Die Behandlung von Hautgeschwüren ist ausserdem langwierig und erfordert eine kontinuierliche Pflege und ?rztliche Betreuung. Hautgeschwüre sind ein grosses gesundheitliches Problem, das die Lebensqualit?t und die Lebenserwartung von Patienten deutlich reduziert.

Ein weiteres Wundheilungsproblem sind grosse wulstbildende (hypertrophe) Narben, zu denen es kommt, wenn der Heilungsprozess über das Ziel hinausschiesst. Auch da sind die derzeitigen Behandlungsm?glichkeiten limitiert.

Personalisierte Medizin für die Wundheilung

Um effiziente Strategien gegen Hautgeschwüre und hypertrophe Narben zu entwickeln, brauchen wir ein besseres Verst?ndnis der Mechanismen, welche diesen Wundheilungsst?rungen zugrunde liegen. Dies k?nnen wir durch intensive Grundlagenforschung an verschiedenen Modellorganismen sowie an Patientengewebe und Wundflüssigkeiten erreichen.

Die Mechanismen, die Wundheilungsst?rungen zugrunde liegen, sind allerdings individuell sehr verschieden und zum Beispiel abh?ngig vom Ort der Wunde, deren Gr?sse und Tiefe, der Infektion der Wunde mit unterschiedlichen Keimen, der Aktivit?t des Immunsystems und von ?usseren Stressfaktoren. Daher ben?tigt es Ans?tze, die spezifisch auf die Patienten zugeschnitten sind, also eine personalisierte Medizin im Bereich Wundheilung. Forschung in diesem Bereich ist von h?chster Relevanz und Teil der Aufgaben des interdisziplin?ren Zürcher Grossprojekts externe SeiteSkintegrity, das ich zusammen mit einem Kollegen leite.

Die Zusammenarbeit zwischen Experten unterschiedlicher Fachrichtungen in diesem Projekt funktioniert sehr gut, insbesondere da sich die Wissenschaftler auch pers?nlich sehr gut verstehen. Wir bilden eine neue Generation von Forschern, ?rzten und Ingenieuren aus, deren Wissen und Expertise nicht auf das eigene Fachgebiet beschr?nkt ist.

Hauttransplantation und Heilungsf?rderung

Noch ist das Projekt am Anfang, und die Entwicklung neuer Therapien wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Aber bereits nach einem Jahr konnte das Team eine Reihe wichtiger Erkenntnisse gewinnen, etwa im Bereich der Transplantation von im Labor gezüchteter Haut und der Charakterisierung von Stammzellen, die den Wundheilungsprozess begünstigen. Zudem verstehen wir die Mechanismen, die Wundheilungsst?rungen zugrunde liegen, immer besser. Schliesslich hat in den letzten Jahren auch das Interesse der Pharma- und Biotech-Industrie an der Entwicklung neuer Therapeutika zur Verbesserung der Wundheilung zugenommen. Im Rahmen von Skintegrity konnten wir mehrere Projekte mit der Industrie in die Wege leiten.

Dies alles macht mich zuversichtlich, dass wir die hochgesteckten Ziele wie die Behandlung von Wundheilungsst?rungen und in ferner Zukunft vielleicht auch einmal die narbenlose Regeneration von Geweben wie beispielsweise der Haut, inklusive Haare und N?gel, oder der Hornhaut des Auges erreichen k?nnen.

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