Algorithmus verbessert Erwerbschancen von Flüchtlingen

Die Erwerbst?tigkeit von Asylsuchenden in der Schweiz k?nnte mit einem datengestützten Ansatz von 15 auf 26 Prozent erh?ht werden. Zu diesem Ergebnis kommen Sozialwissenschaftler und Sozialwissenschaftlerinnen aus der Schweiz und den USA mit Beteiligung der ETH-Professur für Politikanalyse in der Wissenschaftszeitschrift ?Science?.

Vergr?sserte Ansicht: Algorithmus erhöht die Erwerbschancen von Geflüchteten. (Bild: Keystone)
Im Velo-Atelier: Ein Algorithmus kann konkrete Vorschl?ge machen, in welchem Kanton der Schweiz Geflüchtete am ehesten eine Arbeit findet. (Bild: Keystone)

Asylsuchende und vorl?ufig aufgenommene Ausl?nder dürfen in der Schweiz grunds?tzlich erwerbst?tig sein – allerdings nur in dem Kanton, dem sie der Bund im Asylverfahren zuteilt. Für diese Zuteilung gelten politisch definierte Rahmenbedingungen: berücksichtigt wird beispielsweise die Bev?lkerungsgr?sse eines Kantons, und dass sich die Nationalit?ten gleichm?ssig über alle Kantone verteilen.

?berlegungen zur Arbeitsmarktintegration und zur Erwerbst?tigkeit der Asylsuchenden stehen bei der Zuteilung nicht im Vordergrund. Eine Folge davon ist, dass im dritten Aufenthaltsjahr im Durchschnitt 15 Prozent der Geflüchteten in der Schweiz erwerbst?tig sind.

Verteilung optimieren

Politikwissenschaftler und Politikwissenschaftlerinnen der Universit?t Stanford und der ETH Zürich kommen nun in einer neuen Publikation zum Schluss: Wenn man die Kantonszuteilung optimaler auf die Arbeitsmarktintegration der Geflüchteten ausrichtet, k?nnte deren Erwerbst?tigkeit 73 Prozent h?her sein als heute. Im dritten Aufenthaltsjahr k?nnten demnach 26 Prozent der Asylsuchenden berufst?tig sein.

Ihr datengestützter Ansatz beruht auf einem Algorithmus, den sie mit Methoden des maschinellen Lernens entwickelt haben. Dieser kann herausfinden, für welchen Kanton die individuellen Charakteristika und F?higkeiten der einzelnen Geflüchteten (z.B. Alter, Geschlecht, Herkunft, Sprache) am besten mit den Eigenschaften des Arbeitsmarktes (z.B. Gr?sse des Landwirtschaftssektors, Sprachregion, ethnische Netzwerke) zusammenpassen.

Auf dieser Basis macht er einen konkreten Vorschlag, in welchem Kanton Geflüchtete am ehesten eine Arbeit finden. Der Algorithmus benutzt die bestehenden Daten des Staatssekretariats für Migration. Der Datensatz umfasst Angaben zu insgesamt 22'159 Asylsuchenden, die im Besitz eines F-Ausweises und damit vorl?ufig in der Schweiz aufgenommen sind.

An realen Daten getestet

Damit der Algorithmus die gegebenen asylpolitischen Rahmenbedingungen ad?quat erfasst, entwickelten ihn die Forschenden anhand der realen Personen- und Erwerbsdaten aller Asylsuchenden, die von 1999 bis 2012 in die Schweiz eingereist sind und einen F-Ausweis erhalten haben.

Vergr?sserte Ansicht: Die reale Erwerbstätigkeit von Geflüchteten, die 2013 eingereist sind, pro Kanton im Jahr 2015, im Vergleich zu dem vorhergesagten Anteil der erwerbstätigen Geflüchteten, der sich aus der algorithmischen Zuteilung ergäbe. (Grafik: Science / Bansak et al.)
Die reale Erwerbst?tigkeit von Geflüchteten, die 2013 eingereist sind, pro Kanton im Jahr 2015, im Vergleich zu dem vorhergesagten Anteil der erwerbst?tigen Geflüchteten, der sich aus der algorithmischen Zuteilung erg?be. (Grafik: Science / Bansak et al.)

In einem zweiten Schritt testeten die Forschenden die Leistungsf?higkeit des Algorithmus an einem neuen Sample. Bei den Geflüchteten, die im Jahr 2013 einreisten, verglichen sie den Anteil derjenigen, die drei Jahre sp?ter tats?chlich erwerbst?tig waren (n?mlich 15 Prozent), mit dem Anteil der erwerbst?tigen Geflüchteten, der sich aus der algorithmischen Zuteilung erg?be (n?mlich 26 Prozent). Daraus schlossen sie, dass eine integrationsoptimierte Zuteilung die Erwerbschancen von Geflüchteten in der Schweiz massiv erh?hen kann.

Wissenschaft liefert konstruktive L?sungsans?tze

In den Kantonen Waadt und Zürich beispielsweise haben junge M?nner aus dem Irak gute Erwerbschancen. Im Kanton Waadt sind sie noch h?her für jene, die franz?sisch sprechen. Auch Frauen aus Sri Lanka haben in beiden Kantonen relativ gute Erwerbschancen. In diesen Kantonen gibt es vergleichsweise grosse, regionale Netzwerke aus Sri Lanka.

?In einem n?chsten Schritt k?nnte man den Algorithmus in der Praxis testen, denn er l?sst sich gut in das bestehende Zuteilungsverfahren integrieren?, erkl?rt Dominik Hangartner, ETH-Professor für Politikanalyse und zust?ndig für den Schweizer Teil der Untersuchung. Ausserdem k?nne man den Algorithmus jederzeit anpassen, wenn sich die Rahmenbedingungen und Arbeitsm?rkte ver?nderten.

?Unser Ziel ist es, mit den Mitteln der Daten- und Sozialwissenschaften L?sungsvorschl?ge zu erarbeiten, die das Asylverfahren und die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten verbessern. Schliesslich kann die Erwerbst?tigkeit von Geflüchteten Bund, Kantone und Gemeinden finanziell entlasten.?

Literaturhinweis

Bansak K, Ferwerda J, Hainmueller J, Dillon A, Hangartner D, Lawrence D, Weinstein J. Improving refugee integration through data-driven algorithmic assignment. Science Vol. 359 (2018), No. 6373, pp. 325-329. doi: externe Seite10.1126/science.aao4408.

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