Wenn Nichtimmunzellen Krebszellen töten

ETH-Forscher haben normale K?rperzellen zu Immunzellen umprogrammiert. Dadurch k?nnen diese Krebszellen erkennen und abt?ten.

T-Zellen sind für die Immunabwehr wichtig. (Bild: www.pixabay.com)
T-Zellen sind für die Immunabwehr wichtig. (Bild: www.pixabay.com)

Eine Hauptwaffe des Immunsystems sind T-Zellen. Diese erkennen virusbefallene K?rperzellen und l?sen deren programmierten Zelltod aus, was auch das Virus t?tet. Bei Tumorzellen jedoch versagen die T-Zellen, da sie diese nicht als fremd erkennen und deshalb nicht eliminieren k?nnen.

Seit Kurzem setzen ?rzte allerdings nun im Labor ver?nderte T-Zellen gegen Tumore ein. Diesen mit zus?tzlichen Funktionen ausgestatteten Immunzellen entgehen die Krebszellen nicht: Sie k?nnen Krebszellen aufspüren und abt?ten. Doch diese Immunzelltherapie kann starke Nebenwirkungen haben, und die Herstellung der ver?nderten T-Zellen ist technisch anspruchsvoll.

Ein Team von Forschern um ETH-Professor Martin Fussenegger am Departement Biosysteme in Basel schl?gt nun einen neuartigen, einfacheren Ansatz vor, um therapeutisch nutzbare synthetische Designer-Zellen zur Bek?mpfung von Tumoren herzustellen: Die Forscher haben Nierenzellen und (Fett-)Stammzellen des Menschen drei zus?tzliche Komponenten eingebaut und dadurch in synthetische T-Zell-?hnliche Designer-Zellen verwandelt.

Eine der Komponenten der synthetischen T-Zellen sind molekulare Antennen, die weit aus der Zelle herausragen. In der Zellmembran verankert sind zudem Antik?rper mit spezifischen Andockstellen, welche Zielstrukturen der entsprechenden Krebszelle erkennen und an sie binden. Die dritte Komponente ist ein Gennetzwerk, das einen Molekülkomplex erzeugt.

Die künstliche T-Zelle erkennt eine Tumorzelle und dockt an sie an. Dabei verbiegen sich Antennenproteine, was eine Kettenreaktion auslöst. Dies führt zur Tötung der Tumorzelle. (Grafik: ETH Zürich)
Die künstliche T-Zelle erkennt eine Tumorzelle und dockt an sie an. Dabei verbiegen sich Antennenproteine, was eine Kettenreaktion ausl?st. Dies führt zur T?tung der Tumorzelle. (Grafik: ETH Zürich)

Dieser Molekülkomplex besteht aus einem molekularen ?Raketenkopf?, der die Membran der Zielzelle durchdringt. An ihn gekoppelt ist ein Konvertermolekül, das im Inneren der Krebszelle einen Antitumor-Wirkstoff ?scharf? macht.

Die Vorl?ufersubstanz dieses Wirkstoffs muss dem System von aussen beigefügt werden. Krebszellen nehmen diese Substanz auf und das Konvertermolekül wandelt die inaktive in eine aktive Form um. Die Krebszelle platzt, der Wirkstoff wird freigesetzt und eliminiert in der ?Todeszone? rund um die synthetische T-Zelle weitere Tumorzellen. ?Dieser Bystander-Effekt macht unsere synthetischen T-Zellen noch effektiver?, sagt Fussenegger.

Mechanischer Ausl?ser

Der Mechanismus, welche die Kaskade bis zur T?tung der Krebszelle in Gang setzt, ist neu und funktioniert physikalisch: Indem die synthetische T-Zelle ihre Zielzelle nahe an sich heranzieht, verbiegen sich die Antennenproteine. Dadurch verliert die Verankerung der Antenne, die in die Zelle hineinragt, den Kontakt zu einem molekularen Schalter, den sie bis dahin blockiert. Als Reaktion auf den ?An?-Befehl setzt sich eine Signalkaskade in Gang, welche die Produktion des Molekülkomplexes anschaltet.

Die neuartigen künstlichen T-Zellen haben gegenüber heutigen Krebstherapien einige Vorteile. W?hrend bei Chemotherapien der K?rper mit Wirkstoffen geflutet wird, um wenig w?hlerisch m?glichst viele sich schnell teilende Zellen abzut?ten, braucht es hier nur wenige künstliche T-Zellen. Zudem sind diese nur lokal und sehr gezielt im Einsatz. ?Unsere neuartigen T-Zellen erkennen und t?ten metastasierende Krebszellen zu einem sehr frühen Zeitpunkt, an dem andere Therapien nicht greifen?, sagt Fussenegger. Ein weiterer Vorteil der Methode: ?Die künstlichen T-Zellen arbeiten v?llig unabh?ngig vom Immunsystem, so dass dieses weiter voll funktionstüchtig bleibt und weniger Nebenwirkungen zu erwarten sind.?

Mit Baukastensystem zur Generalisierung

Das System ist überdies baukastenartig erweiterbar. Die Forscher k?nnen die künstlichen Killerzellen mit verschiedenartigen Andockstellen, die an andere Krebszelltypen binden, ausstatten. Für die vorliegende Arbeit, die in externe SeiteNature Chemical Biology erschienen ist, verwendeten die Forscher Andockstellen, die ausschliesslich einen bestimmten Typ von Brustkrebszellen erkennen. ?Mit dieser Technik erzielen wir eine enorme Generalisierung, die mit den aktuell in Krebstherapien verwendeten echten T-Zellen nicht zu erreichen ist?, betont Fussenegger.

Noch ist nicht bekannt, ob und wie wie dieses System im Menschen funktionieren wird. Die ETH-Forscher haben ihre neuen Zellen bislang erst in Zellkulturen getestet. ?Unser neues System ist momentan weit von einer therapeutischen Anwendung entfernt?, sagt der ETH-Professor. ?Aber ich denke, wir haben eine neue Front gegen Krebs er?ffnet.?

Literaturhinweis

Kojima R, Scheller L, Fussenegger M. Nonimmune cells equipped with T-cell-receptorlike signaling for cancer cell ablation. Nature Chemical Biology, published online 13th Nov. 2017. doi: externe Seite10.1038/nchembio.2498

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