Universell stabilisiert

ETH-Forscher um Lucio Isa entwickelten Mikropartikel mit rauer, himbeerenartiger Oberfl?che, welche Emulsionen auf neuartige Weise stabilisieren.

Die "Himbeerpartikel" mit ihrer kontrolliert aufgerauten Oberfläche haben Durchmesser von einem bis sechs Mikrometer. (REM-Bild: Michele Zanini, Isa Group, ETH Zürich)
Die "Himbeerpartikel" mit ihrer kontrolliert aufgerauten Oberfl?che haben Durchmesser von einem bis sechs Mikrometer. (REM-Bild: Michele Zanini, Isa Group, ETH Zürich)

Forscher um Lucio Isa, Professor für Grenzfl?chen am Departement Materialwissenschaft der ETH Zürich, haben Siliziumpartikel zur neuartigen Stabilisierung von Emulsionen geschaffen. Eine Emulsion ist ein fein verteiltes Gemisch zweier im Grunde genommen nicht mischbarer Flüssigkeiten.

Das Gemisch besteht aus Tr?pfchen der einen Flüssigkeit, die in der anderen dispersiert sind. Salatsauce aus ?l und Essig (eigentlich Wasser) ist ein allt?gliches Beispiel dafür: Ihre Bestandteile Essig und ?l mischen sich nicht von alleine. Erst durch kr?ftiges Rühren mit einem Schwingbesen entsteht ein gleichf?rmiges Gemisch. L?sst man dieses stehen, verschmelzen die fein verteilten Essigtr?pfchen und die Flüssigkeiten trennen sich vollst?ndig auf.

Verschiedene Emulgatoren n?tig

Es ist daher n?tig, Emulsionen zu stabilisieren. Dazu wird eine grosse Zahl verschiedener Emulgatoren wie zum Beispiel Tenside, Proteine oder Polymere eingesetzt. Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts zeigten die britischen Chemiker W. Ramsden und S.U. Pickering auf, dass Emulsionen zudem auch mit feinsten Festk?rperpartikeln, beispielsweise solchen aus kugelf?rmigen Silikatpartikeln (SiO2), stabilisiert werden k?nnen.

Dabei bewegen sich die Partikel spontan in die Grenzschicht zwischen den zwei Flüssigkeiten und lagern sich dort an. Dadurch bilden sie eine Art Panzer um die Tr?pfchen und verhindern deren Verschmelzung - die Emulsion bleibt für lange Zeit stabil. Allerdings brauchte es bis anhin zwei Typen von Partikeln: solche mit wasserliebenden (hydrophilen) Oberfl?chen, die mehrheitlich im Wasser sitzen und nur ?l-in-Wasser-Emulsionen stabilisieren, und solche mit hydrophoben Oberfl?chen, welche gr?sstenteils in ?l sitzen. Sie stabilisieren demzufolge nur Wasser-in-?l-Gemische.

Ein Emulgator genügt

Damit k?nnte nun Schluss sein: Die ETH-Forscher um Isa haben die Oberfl?che solcher Silikatkügelchen von eins bis sechs Mikrometer Durchmesser mit Silikat-Nanopartikeln von viel geringerem Durchmesser bestückt, um sie aufzurauen. Dadurch erhalten die winzigen Kügelchen die Form von Himbeeren. Michele Zanini, Doktorand bei Isa, konnte die Rauheit der Oberfl?che kontrolliert ver?ndern und erstellte eine ganze Sammlung solcher Partikel.

In einer Studie, die soeben in Nature Communications erschienen ist, zeigen die Forscher nun auf, dass sie mit nur einer Sorte von solchen Himbeer-Partikeln beide Typen von Emulsionen stabilisieren k?nnen. Abh?ngig ist dies einzig davon, in welche Flüssigkeit sie die Partikel vor der Emulgierung einbringen. Geben die Forscher die Partikel in die ?lphase, entsteht eine Wasser-in-?l-Emulsion. Umgekehrt k?nnen sie eine ?l-in-Wasser-Emulsion (fein verteilte ?ltr?pfchen in Wasser) stabilisieren, wenn sie ihre neuen Partikel zuvor in Wasser l?sen. ?Diese neuen Partikel sind dadurch universell einsetzbar, um Emulsionen herzustellen?, sagt Lucio Isa.

Raue Partikel wandern weniger weit

Zu tun habe dies damit, dass die raue Oberfl?che die Beweglichkeit der Partikel durch die Tr?pfchenoberfl?che verringere. ?Sie stossen zwar an die Oberfl?che zwischen den Flüssigkeiten vor, k?nnen sich aber weniger weit in diese hineinbewegen als vergleichbare Silikatpartikel mit glatter Oberfl?che – die rauen Partikel bleiben stecken, ehe sie die für sie energetisch günstigste Position an der Grenzfl?che einnehmen k?nnen?, betont der ETH-Professor.

Mit ihren Himbeer-Partikeln haben Isa und seine Mitarbeiter eine erste Grundlage für weitere Forschung auf diesem Gebiet geschaffen. Ihr neues Verfahren zur Entwicklung der Partikel als Emulgatoren haben die ETH-Forscher bereits patentieren lassen.

Neue Anwendungen

M?gliche Anwendungen für diese Teilchen gibt es viele, n?mlich überall dort, wo Emulsionen stabilisiert werden müssen, wie zum Beispiel in der chemischen Industrie. Obwohl sich Isa und seine Mitarbeiter auf Modellsysteme konzentrierten, k?nnen ihre im Labor entdeckten Prinzipien auf natürliche, raue Partikel als Emulgatoren ausgeweitet werden. Dadurch sind neue Anwendungen denkbar, etwa in der Lebensmittelbranche, in der Kosmetik oder der Pharmaindustrie. Dafür braucht es allerdings weitere Forschung.

Wegen ihrer Rauheit bleiben die Partikel in der Grenzschicht zwischen Öl und Wasser stecken. Um dies sichtbar zu machen, wurde das Öl nach Einfrieren der Probe entfernt. (REM-Bild: Michele Zanini, Isa Group, ETH Zürich)
Wegen ihrer Rauheit bleiben die Partikel in der Grenzschicht zwischen ?l und Wasser stecken. Um dies sichtbar zu machen, wurde das ?l nach Einfrieren der Probe entfernt. (REM-Bild: Michele Zanini, Isa Group, ETH Zürich)

Literaturhinweis

Zanini M, Marschelke C, Anachkov SE, Marini E, Synytska A, Isa L. Universal emulsion stabilization from the arrested adsorption of rough particles at liquid-liquid interfaces. Nature Communications 8, Article number: 15701 (2017). doi:externe Seite10.1038/ncomms15701

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