Schweizer Haushalte könnten Strom sparen

Effizient mit Elektrizit?t umzugehen ist ein zentrales Anliegen der Energiestrategie 2050. Aber wie gross ist das Strom-Einsparpotential von Schweizer Haushalten überhaupt? Und welche Faktoren beeinflussen die Effizienz?

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Wie energieeffizient sind hiesige Haushalte? (Bild: iStock / deepblue4you)

Die Energiestrategie 2050 sieht vor, dass die Schweiz schrittweise aus der Atomenergie aussteigt. Die fehlende Elektrizit?t soll durch neue erneuerbare Energie, den weiteren Ausbau der Wasserkraft und nicht zuletzt durch die Steigerung der Energieeffizienz ersetzt werden. So soll laut Vorlage der Stromverbrauch pro Kopf bis 2020 um 3 Prozent gegenüber dem Verbrauch im Jahr 2000 sinken, bis 2035 sogar um 13 Prozent. Doch ist das ein realistisches Ziel?

Effizienzpotential neu gesch?tzt

Glühbirne mit der Schweiz innendrin
Die Schweiz kann durchaus Strom sparen. (Bild: iStock / eyegelb)

Am Zentrum für Energiepolitik und ?konomie CEPE der ETH Zürich arbeiten wir seit einigen Jahren daran, das Effizienzpotential im Stromverbrauch von Schweizer Haushalten zu bestimmen. Die klassische Potentialabsch?tzung eines Ingenieurs folgt einem sogenannten ?bottom-up?-Ansatz, wobei der Ingenieur Potentiale von einzelnen Haushalten misst und auf die Gesamtbev?lkerung hochrechnet. Eine Prognos-Studie [1] hatte dies 2011 für die Schweiz gemacht und kam auf ein Stromeinsparpotential der Haushalte von 15 Prozent bis 2035. Ein Nachteil dieser Methode ist, dass jeweils Annahmen über zukünftige Technologien getroffen werden, was mit Unsicherheiten behaftet ist.

Unser Ansatz hingegen verl?uft ?top-down? und berechnet eine so genannte Best-Practice-Stromnachfragekurve basierend auf einem aktuellen und repr?sentativen Datensatz zu Schweizer Haushalten (siehe dazu meinen früheren Blogbeitrag). Punkte auf dieser Kurve repr?sentieren die heute effizientesten Haushalte, welche die neusten und effizientesten Ger?te zu Hause haben und diese optimal nutzen. Für alle anderen Haushalte kann man den Abstand zur Kurve messen, der das Effizienzniveau darstellt. So l?sst sich das Potential in Bezug auf die besten zum jetzigen Zeitpunkt verfügbaren Technologien und unter Berücksichtigung des Nutzerverhaltens absch?tzen, ohne aber Annahmen bezüglich zukünftiger Technologien treffen zu müssen.

In einem kürzlich publizierten Artikel [2] haben wir auf diese Weise ein Stromsparpotential für Schweizer Haushalte von insgesamt 20 bis 25 Prozent abgesch?tzt. Dieses liegt deutlich über dem 2011 von Prognos gesch?tzten Gesamtpotential von 13 Prozent – und es liegt auch über dem in der Energiestrategie 2050 festgelegten Einspar-Richtwert von 15 Prozent, wobei dieser pro Kopf angegeben wird und nicht absolut, so dass ein direkter Vergleich nicht ganz korrekt ist. Dennoch deuten unsere Resultate darauf hin, dass der vorgesehene Richtwert realistisch ist, und darüber hinaus weiteres Potential besteht.

Beachtlicher Standby-Verbrauch

Die Kluft zwischen optimalem und tats?chlichem Stromverbrauch von Haushalten hat zwei Ursachen: Einerseits kann ein Haushalt alte, ineffiziente Ger?te gebrauchen. Andererseits kann es auch sein, dass ein Haushalt seine Ger?te nicht optimal benutzt. Dies ist zum Beispiel beim Standby-Verbrauch der Fall. Auf der Basis von Zahlen des BFE [3] stellten wir fest, dass beachtliche 6 bis 14 Prozent des gesamten Stromverbrauchs eines Haushalts allein durch Standby verursacht wird. Erstaunt fragten wir uns, ob Haushalte, die Standby vermeiden, auch tats?chlich ein h?heres Effizienzniveau aufweisen und konnten zeigen, dass dies tats?chlich der Fall ist. In ?bottom-up?-Studien sind solche Verhaltensaspekte meist nicht oder nur ungenügend berücksichtigt, was ein Vorteil unserer Methode ist.

Die Lücke erkl?ren

Nach dieser ersten groben Potentialabsch?tzung für die Schweiz versuchen wir nun, die Kluft zwischen optimalem und tats?chlichem Stromverbrauch genauer zu untersuchen. Dabei interessieren uns vor allem verhaltens?konomische Aspekte: Die Resultate eines neuen Working Paper [4] deuten darauf hin, dass für Energie- und Investitionsfragen sensibilisierte Haushalte tendenziell einen geringeren Stromverbrauch haben. Zudem wollen wir herausfinden, ob man die Ersatzrate von Haushaltsger?ten mittels Informations- und Ausbildungstrainings beeinflussen kann. Dies k?nnte Hinweise für m?gliche politische Massnahmen in der Zukunft liefern.

Weiterführende Informationen

[1] Prognos (2011), Energieszenarien für die Schweiz bis 2050, Erste Ergebnisse der angepassten Szenarien I und IV aus den Energieperspektiven 2007 - externe SeiteZwischenbericht im Auftrag des BFE.

[2] Boogen, N. (2017), Estimating the potential for electricity savings in households, externe SeiteEnergy Economics (63), pp. 288–300.

[3] BFE (2006), Standby-Verbrauch im Haushalt - externe SeiteSchlussbericht im Auftrag des BFE, Bundesamt für Energie (BFE), Bern

[4] Blasch, J., Boogen, N., Filippini, M. und Kumar, N. (2017), The role of energy and investment literacy for residential electricity demand and end-use efficiency, CER-ETH Working Paper 17/269.

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