Phytoplankton schwerelos erforscht

Mit einem Parabelflug haben Schweizer Forscher die Folgen der Schwerelosigkeit auf biologische und physikalische Prozesse untersucht. Mit an Bord war ein Experiment der ETH Zürich, das den Einfluss der Schwerkraft auf das Wanderverhalten von aquatischen Mikroorganismen aufkl?ren will.

Im Airbus «A310 Zero-G» flog auch eine Versuchsanordnung der ETH Zürich mit.
Schwerelos forschen: Im Airbus ?A310 Zero-G? flog auch eine Versuchsanordnung der ETH Zürich mit. (Bild: UZH)

Es war ein hochfliegendes und nicht allt?gliches Experiment: ?Wir konnten eine wichtige Hypothese testen: ?nderungen in der relativen Schwerkraft, wie sie in der Umwelt st?ndig durch Turbulenzen im Wasser vorkommen, beeinflussen das Verhalten aquatischer Mikroorganismen?, freut sich Roman Stocker nach dem bisweilen zweiten Schweizer Forschungsflug in die Schwerelosigkeit.

Der ETH-Professor für Hydromechanik und Grundwasser war zusammen mit vier Forschenden seines Teams mit dabei, als am letzten Samstag der Airbus ?A310 Zero-G? vom Milit?rflugplatz Dübendorf aus Richtung Süden startete und über dem Mittelmeer eine Serie von parabelf?rmigen Man?vern flog. Dabei herrscht zwischen Steig- und Sinkflug jeweils 22 Sekunden lang Schwerelosigkeit. Die ETH-Forschenden nutzten diese seltene Gelegenheit, um den Einfluss der Schwerkraft auf die Physiologie und das Verhalten jener Organismen zu untersuchen, die ganz am Anfang der Nahrungskette stehen und damit eine ?usserst wichtige Rolle in vielen Umweltprozessen spielen.

Wandernde Mikroalgen im Visier

Es handelt sich dabei um Phytoplankton – einzellige photosynthetische Algen, die in Meeren und Seen artenreich vorkommen. Tagsüber schwimmen diese Mikroorganismen an die Wasseroberfl?che hin zum Licht, nachts migrieren sie in die Tiefe, wo es mehr N?hrstoffe gibt. Das Wanderverhalten ist ?kologisch relevant und für Gew?sserforscher auch deshalb interessant, weil es bei vielen Arten zu sogenannten Phytoplankton-Blüten kommt, die für Fische und Menschen toxisch sein k?nnen.

?Wir wissen, dass Turbulenzen im Wasser die Wanderungen des Phytoplanktons behindern k?nnen. Doch die Ursache ist bislang nicht bekannt?, erkl?rt Stocker. Er und sein Team vermuten, dass winzige Wirbel im Wasser einzelne Zellen zum Taumeln bringen, wodurch sich deren wahrgenommene Schwerkraft relativ zur Schwimmrichtung laufend ?ndert. Diese Hypothese stammte aus vorherigen Laborexperimenten mit künstlichen Turbulenzen. Mit dem Parabelflug vom Samstag testeten die Forschenden nun, wie eine sich ?ndernde Schwerkraft das Wanderverhalten des Phytoplanktons beeinflusst.

Versuchsaufbau im «Zero-G-Flieger»: Anupam Sengupta, Professor Roman Stocker, Francesco Carrara, Jeanette Wheeler und Ulrike Pfreundt (v.l.n.r.).
Versuchsaufbau im ?Zero-G-Flieger?: Anupam Sengupta, Professor Roman Stocker, Francesco Carrara, Jeanette Wheeler und Ulrike Pfreundt (v.l.n.r.). (Bild: ETH Zürich / Roman Stocker)

Filmen und parallel Genaktivit?t messen

Dazu richtete Stockers Gruppe im ?Zero-G-Flieger? eine Versuchsanordnung ein, die es erlaubt, die mikroskopisch kleinen Zellen beim schwerelosen Schwimmen zu filmen und parallel die Genexpression als Antwort auf Schwerkraft?nderungen zu messen.

Bis die Daten vollst?ndig ausgewertet sind, wird einige Zeit vergehen. ?Wir erhoffen uns wertvolle Einblicke in einen der wichtigsten Mikroorganismen der Erde. Im Idealfall zeigen sie uns die Mechanismen auf, mit denen Phytoplankton auf Turbulenz und wahrgenommene Schwerkraft?nderungen reagiert, damit wir die vielen Umweltprozesse besser vorhersagen k?nnen, für welche diese winzigen Organismen verantwortlich sind?, sagt Stocker.

Den Parabelflug organisiert hat die Initiative ?Swiss Parabolic Flights? der Universit?t Zürich.

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