Qualitätskontrolle für die Gensequenzierung

Die Gensequenzierung wird heute breit eingesetzt, doch für die Bestimmung einer Antik?rper-Immunantwort war diese Methode bisher zu wenig genau. Ein neues, auf genetischen Barcodes beruhendes Kontrollsystem macht die Technik nun sehr viel zuverl?ssiger – und bereit für den Einsatz zur Entwicklung von Impfstoffen und Antik?rper-Medikamenten.

Vergr?sserte Ansicht: Die ETH-Wissenschaftler gewinnen Informationen zu Antikörpern (rechts), indem sie deren Erbsubstanz analysieren. (Grafik: Colourbox)
Die ETH-Wissenschaftler gewinnen Informationen zu Antik?rpern (rechts), indem sie deren Erbsubstanz analysieren. (Grafik: Colourbox)

Forscher am Departement Biosysteme der ETH Zürich in Basel entwickelten eine neue Methode, mit der sie das riesige Sortiment an Antik?rpern eines Lebewesens auf einen Schlag genetisch erfassen k?nnen. Damit k?nnen sie beispielsweise sehr pr?zise nachverfolgen, wie das Immunsystem nach einer Impfung oder einer Infektion Antik?rper zur Abwehr eines Krankheitserregers herstellt. Die neue genetische Methode von Wissenschaftlern um Sai Reddy, Professor für Biomolekulartechnik, liefert weit mehr Informationen als bisherige, seit Jahrzehnten existierende Techniken der Antik?rperbestimmung.

Die Technik der ETH-Wissenschaftler analysiert anstatt der Antik?rper-Proteine die Boten-RNA-Moleküle, welche der k?rpereigenen Proteinherstellungsmaschinerie als Bauanleitung für die Antik?rper dient. Um die Bauanleitungen zu entziffern sowie um deren Anzahl zu bestimmen, setzen Wissenschaftler die sogenannte RNA-Sequenzierung ein.

Grosse Zahl an Antik?rpern

?Die Wissenschaft machte bei der Sequenzierungstechnik in den vergangenen Jahren grosse Fortschritte. Sequenzierungen sind schneller und billiger geworden. Ausserdem k?nnen heute rechnergestützt riesige Datenmengen verarbeitet und ausgewertet werden?, erkl?rt Reddy. ?Dennoch war die Methode für die Analyse von Antik?rper-RNA bisher schlecht geeignet.?

Zu den grossen Herausforderungen geh?rt, dass die Zahl der Antik?rper im K?rper riesig ist – Sch?tzungen zufolge gibt es davon mehrere Milliarden verschiedene Varianten. Deren Unterschiede auf genetischer Ebene sind zum Teil gering.

Genauigkeit als Herausforderung

Um RNA-Moleküle für die Sequenzierung vorzubereiten, kopieren Wissenschaftler deren genetischen Code zun?chst milliardenfach. Dabei k?nnen sich Fehler (Mutationen) einschleichen. Bisher war es für Wissenschaftler nicht einfach zu entscheiden, ob zwei leicht unterschiedliche genetische Sequenzen tats?chlich für zwei verschiedene Antik?rper stehen oder nicht doch für einen einzigen Antik?rper, bei dem sich bei der Probenvorbereitung Mutationen eingeschlichen haben.

Ausserdem lieferte die Sequenzierung eines Gemischs von RNA-Molekülen bisher nur sehr ungenaue Angaben über die H?ufigkeit der jeweiligen Moleküle im Gemisch. Der Grund dafür: Beim erw?hnten Kopieren der RNA-Moleküle werden nicht alle Moleküle im genau gleichen Ausmass vervielf?ltigt.

?ber 98 Prozent der Fehler vermeiden

Um diesen Problemen zu begegnen erg?nzten Reddy und seine Kollegen die RNA-Sequenzierung nun mit einem Kontrollsystem, das auf genetischen Barcodes beruht. Damit und mit einer computergestützten Auswertung der Sequenzierungsdaten ist es ihnen gelungen, die Genauigkeit der Sequenzierung massiv zu erh?hen, sowohl was künstlich eingefügte Mutationen als auch die relative Konzentration der RNA-Moleküle im Gemisch angeht. ??ber 98 Prozent aller Fehler merzen wir damit aus?, sagt Tarik Kahn, ein Postdoc in Reddys Gruppe.

Konkret wird im neuen Verfahren jedes RNA-Molekül vor der Vervielf?ltigung mit einem zuf?lligen aber einmaligen genetischen Barcode etikettiert. Zus?tzlich wird auch w?hrend der Vervielf?ltigung den Molekülen ein einmaliger Barcode angeh?ngt.

Anhand der Barcodes k?nnen die Wissenschaftler in einer computerbasierten Auswertung der Sequenzierungsdaten die ursprünglichen Antik?rper-RNA-Moleküle bestimmen (und sie von den im Sequenzierungsprozess mutierten Molekülen unterschieden). Ausserdem k?nnen die Forscher anhand der Barcodes und mit einem Algorithmus die tats?chliche H?ufigkeit der Antik?rper-RNA-Moleküle bestimmen.

Impfstoffentwicklung und Früherkennung

Die neue Methode erlaubt nun den Einsatz der Sequenzierung von Antik?rper-RNA in der immunologischen Forschung. Hilfreich ist sie etwa für die Entwicklung von Antik?rper-Medikamenten und Impfstoffen. Reddy arbeitet dabei mit verschiedenen Pharmafirmen zusammen. ?Man kann mit unserer Technik zum Beispiel sehr genau nachverfolgen, wie sich eine Immunantwort mit der Zeit ver?ndert, etwa in Patienten mit einer HIV-Infektion?, sagt der ETH-Professor, der für seine Forschung kürzlich eines der begehrten Stipendien des Europ?ischen Forschungsrats ERC erhalten hat. ?Mit den bisherigen Messungen von Antik?rper-Proteinen haben Wissenschaftler vor allem die sehr h?ufigen Antik?rper entdeckt. Eine Immunantwort bringt jedoch immer eine ganze Reihe von leicht unterschiedlichen Antik?rpern hervor. Mit der Sequenzierung lassen sich auch die weniger h?ufigen darunter sehr genau – und sehr schnell – charakterisieren.?

Ausserdem kann man mit der Antik?rper-RNA-Sequenzierung bereits in einem frühen Stadium geringe Mengen an Antik?per-RNA nachweisen, w?hrend man bei der Proteinmessung auf eine genügend hohe Konzentration von Antik?rper-Protein im Blut angewiesen ist. Die Sequenzierung er?ffnet daher neue M?glichkeiten für die Diagnose, zum Beispiel für die Früherkennung von Krebs oder von Autoimmunkrankheiten.

Literaturhinweis

Khan TA, Friedensohn S, Groter de Vries AR, Straszewski J, Ruscheweyh HJ, Reddy ST: Accurate and predictive antibody repertoire profiling by molecular amplification fingerprinting. Science Advances, 11. M?rz 2016, doi: externe Seite10.1126/sciadv.1501371

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