Welche Rolle spielt das Pariser Abkommen für den Klimawandel?

Nach einer Serie erfolgloser Verhandlungen blickt die Welt gespannt auf die 21. UN-Klimakonferenz (COP21), die im Dezember in Paris stattfindet. Die Erwartungen sind hoch, und viele Menschen glauben, dass das Schicksal unseres Planeten vom Ergebnis dieser Verhandlungen abh?ngt. Doch stimmt das?

Vergr?sserte Ansicht: Klimakonferenz
Konferenz der United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCC) in Bonn, M?rz 2014. (Bild: UNclimatechange / Flickr)

Das Kyoto-Protokoll von 1997 ist das erste bedeutende Abkommen, das die Treibhausgasemissionen der Vertragspartner durch verbindliche L?nderziele begrenzte. Es galt für den Emissionszeitraum 2008 bis 2012 und verpflichtete die Industriel?nder, ihren Ausstoss an Treibhausgasen im Vergleich zu 1990 um fünf Prozent zu senken. Seit das Protokoll 2005 in Kraft trat, versucht man verbindliche Folgeziele zu vereinbaren, die den Temperaturanstieg der Atmosph?re auf maximal zwei Grad Celsius begrenzen.

Grosse Hoffnungen setzten wir auf die Verhandlungen in Bali 2007, allerdings wurde keine Einigung erzielt. 2009 schauten wir nach Kopenhagen – wiederum erfolglos. 2012 einigten sich die L?nder in Doha darauf, das Kyoto-Protokoll mit nationalen Verpflichtungen bis 2020 zu verl?ngern. Diese Verpflichtungen, welche die L?nder einseitig beschlossen, waren hinsichtlich des Zwei-Grad-Ziels jedoch klar ungenügend. Nun ruhen alle Hoffnungen auf dem Klimagipfel diesen Dezember in Paris, wo erneut verbindliche Reduktionen beschlossen werden sollen.

Erwartungen an Paris

Seit Monaten bildet sich ein wahrer Rummel um Paris, der sich im Wesentlichen um zwei zentrale Fragen dreht. Erstens: Werden sich die Verhandlungsführer auf neue verbindliche Ziele einigen? Aktuell sieht es ganz danach aus, da genügend L?nder, einschliesslich China und die USA, ernsthafte Zusagen (in Form von Reduktionszielen) vorgelegt haben.

Zweitens: Werden diese Ziele ehrgeizig genug sein? Hier scheint die Antwort ?nein? zu sein. Extrapoliert man die versprochenen Reduktionsquoten über den laufenden Zeitraum hinaus bis zum Ende dieses Jahrhunderts, zeigt sich, dass diese nicht ausreichen, um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen.

Vergr?sserte Ansicht: COP21 in Paris
Was wird COP21 erreichen? (Bild: UNclimatechange / Flickr)

Viele gehen davon aus, dass das Schicksal der Welt davon abh?ngt, dieses ?Nein? in ein ?Ja? zu verwandeln. Andere, darunter auch ich, sind sich der Dringlichkeit einer L?sung durchaus bewusst, sehen Paris aber als weniger bedeutenden Meilenstein.

Der Klimawandel – eine Trag?die des Allgemeinguts?

Vertreter der ersten Gruppe verstehen den Klimawandel als eine ?Tragik der Allmende? (engl. Tragedy of the Commons), ein Konzept aus der Spieltheorie. Demnach haben alle Beteiligten ein Interesse daran, ihren eigenen Beitrag zum gemeinsamen Verschmutzungsproblem  – etwa Treibhausgasemissionen – zu senken, allerdings nur, wenn alle anderen Beteiligten dies ebenso tun. Um Trittbrettfahrer zu vermeiden, sei ein weltweites Abkommen mit durchsetzbaren Emissionszielen unausweichlich, argumentieren sie.

Diese Argumentation geht aber davon aus, dass eine schrittweise Senkung des Treibhausgasausstosses hohe Kosten verursacht. Dies war früher tats?chlich der Fall, gilt heute aber nicht mehr. Erneuerbare Energien k?nnen mittlerweile eine zuverl?ssige Versorgung gew?hrleisten und das durchaus zu vergleichbaren Kosten wie fossile Brennstoffe. Die Kostenbilanz sieht noch besser aus, wenn man den lokalen Nutzen wie etwa weniger Luftverschmutzung einberechnet. Gleiches gilt für Massnahmen in Industrie und Landwirtschaft, um Ressourcen zu schonen und Emissionen zu senken.

Die Anreize bestehen

Deshalb haben die meisten Regierungen heute ein wirtschaftliches und gesellschaftliches Interesse daran, ihre Emissionen auf nationaler Ebene zu senken – dazu ben?tigen sie kein weltweites Abkommen, das sie zwingt. Dies kurzfristig zu erreichen, ist aber sehr schwierig. Auch wenn fossile Energietr?ger gegenüber Erneuerbaren keine Preisvorteile mehr bieten, sind sie noch immer leichter zu transportieren, zu lagern und in Tanks zu pumpen, besonders wenn die n?tige Infrastruktur bereits vorhanden ist.

Anders sieht es bei den Erneuerbaren aus: Welche Infrastruktur man errichtet und wo, wann und wie man die alten Systeme aus dem Verkehr zieht, und insbesondere welche Regelungen es schaffen, den Privatsektor dafür zu mobilisieren – das alles sind politisch umstrittene Fragen. Daran wird auch das Abkommen von Paris nichts ?ndern.

Barrieren des Wandels überwinden

Der weltweite Treibhausgasausstoss sinkt nicht ann?hernd schnell genug; die Menschheit muss deutlich vor 2100 komplett auf fossile Brennstoffe verzichten. Doch die letzten zehn Jahre haben beachtliche technische und institutionelle Innovationen hervorgebracht, die die Basis für schnellere Emissionsreduktionen in den n?chsten Jahrzehnten bilden. So sind die Kosten für Wind- und Sonnenenergie schon deutlich gesunken. Genauso wichtig sind aber neue Ans?tze für die Projektfinanzierung, die es einfacher machen, das n?tige Kapital aufzubringen. Oder transparente Verfahren, um langwierige Rechtsstreitigkeiten bei Bauvorhaben zu vermeiden. Die Schweiz kann einen grossen Beitrag zur L?sung der Klimaproblematik leisten. Dies nicht, weil unsere Treibhausgasemissionen besonders hoch w?ren, sondern vielmehr wegen unserer Innovationskraft.

Der Rummel um das Treffen in Paris hat bereits ein wichtiges Ergebnis hervorgebracht: Viele L?nder widmen dem Klimawandel nun gr?ssere Aufmerksamkeit. Indien etwa stand unter Druck, einen Klimaschutzplan vorzulegen, und hat das nun kürzlich gemacht.

Für die Zukunft ist es von grosser Bedeutung, dass die L?nder ihre Klimaverpflichtungen nicht nur einhalten, sondern übertreffen. Und das ist ganz klar m?glich, wenn L?nder wie die Schweiz weiter so schnell Innovationen entwickeln wie bis anhin. Damit sich diese Innovationen weltweit verbreiten, braucht es auch technische und finanzielle Unterstützung für die Dekarbonisierung in Entwicklungsl?ndern – ein Thema, das ebenfalls auf der Agenda steht. Das wichtigste Ergebnis der Verhandlungen in Paris wird denn auch nicht die zu vermeidenden Tonnen CO2 beziffern, sondern die vereinbarten finanziellen Verpflichtungen gegenüber Entwicklungsl?ndern.

Wenn auch Sie sich dafür interessieren, was wir von der UN-Klimakonferenz erwarten k?nnen, welche Verhandlungspositionen und -strategien die verschiedenen L?nder haben, oder welche Rolle die Schweiz spielen kann und soll, dann besuchen Sie uns an der Klimarunde und diskutieren Sie mit.

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