Chemie für die Methanol-Wirtschaft

Weil die Preise von Erd?l instabil und seine Ressourcen begrenzt sind, werden Petrochemikalien zunehmend aus Methanol hergestellt – vor allem in China. Chemiker der ETH Zürich haben nun die ersten Schritte dieses Umwandlungsprozesses entschlüsselt.

Vergr?sserte Ansicht: MTO-Fabrik
In der Produktionsanlage Shenhua Baotou im Norden Chinas wird seit 2010 Kohle in sogenannte Olefine umgewandelt. Es ist dies die erste industrielle Anlage seiner Art weltweit. (Bild: Syn Energy Technology Co. Ltd.)

Es ist die weltweit am h?ufigsten produzierte Grundchemikalie: Ethen – ein kleines Molekül bestehend aus zwei Kohlenstoffatomen und vier Wasserstoffatomen. Es ist ein Grundbaustein für eine grosse Palette an Polymeren und Weichmachern. Der weitverbreitete Verpackungskunststoff Polyethylen (PE) ist nur einer davon. W?hrend Ethen heute vor allem durch sogenanntes Cracken von Erd?l hergestellt wird, nimmt mit den stets stark schwankenden Preisen und den endlichen Reserven von Erd?l ein alternativer Herstellungsweg stark an Bedeutung: dessen Synthese aus Methanol. Bekannt ist dieser Syntheseschritt unter dem englischen Namen ?Methanol-to-olefins? (MTO). Wissenschaftler der ETH Zürich und der ENS Lyon haben nun im Detail aufgekl?rt, wie diese Reaktion beginnt.

Chemiker entwickelten den MTO-Prozess in den sp?ten 1970er-Jahren, heute stehen Produktionsanlagen weltweit. Nirgends jedoch gibt es so viele davon wie in China: Fünf Grossanlagen sind dort in Betrieb, dreizehn weitere in Planung. Denn China hat einen riesigen Bedarf an Petrochemikalien, jedoch kein Erd?l. Allerdings hat das Land Kohlereserven, und über die Vergasung von Kohle kann auf einfache Weise Methanol hergestellt werden. Ausserdem l?sst sich Methanol aus Erdgas herstellen. Chinesische Investoren planen daher, in den USA aus dem dort in Fülle vorhandenen Schiefergas Methanol für den Export nach China herzustellen.

Woher stammt das notwendige Carbenium-Ion?

Damit die MTO-Reaktion überhaupt stattfindet, werden dem Methanol bei 400 Grad Celsius sogenannte Zeolithe als Katalysator beigemischt. Das sind por?se Aluminiumsilikat-K?rner. Lange Zeit konnten Wissenschaftler den chemischen Mechanismus der MTO-Reaktion nicht genau erkl?ren. Und vor 20 Jahren postulierten Chemiker, dass ein weitere Moleküle im Spiel sein müssen: ringf?rmige, positiv geladene Kohlenwasserstoff-Moleküle, in denen fünf bis sechs Kohlenstoffatome miteinander verbunden sind. Es sind diese Carbenium-Ionen genannten Moleküle, welche eigentlich mit Methanol reagieren: Sie fügen zwei Methanol-Moleküle zusammen und stellen eine chemische Bindung zwischen zwei Kohlenstoffatomen her, womit Ethen entsteht.

Nur: Wie gelangen diese Carbenium-Ionen ins Reaktionsgemisch? Wissenschaftler stellten schon früh die Hypothese auf, dass das Methanol damit verunreinigt sein k?nnte und diese Verunreinigung eine Voraussetzung dafür ist, dass die Reaktion überhaupt starten kann.

Das schweizerisch-franz?sische Forscherteam schl?gt nun eine andere Erkl?rung vor. ?Wir konnten zeigen, dass Aluminumoxid, welches auch in den Zeolith-Katalysatoren vorhanden ist, Methanol in Ethen und andere Kohlenwasserstoffe umsetzen kann. Diese wiederum k?nnen in den Poren der Zeolithe in Carbenium-Ionen umgewandelt werden?, erkl?rt Christophe Copéret, Professor für Oberfl?chen- und Grenzfl?chenchemie an der ETH Zürich und einer der Autoren der Studie. ?W?hrend die MTO-Reaktion bereits sehr gut im industriellen Massstab l?uft, erkl?ren wir nun, wie sie zum Laufen kommt. Unsere Arbeit zeigt ausserdem, dass einfache Oxide wie Aluminumoxid die Verbindung von zwei Kohlenstoffatomen ausl?sen kann. Damit werden nun auch neue Wege denkbar für die Umwandlung von Methanol-Abk?mmlingen in l?ngerkettige Kohlenwasserstoffe.?

Literaturhinweis

Comas-Vives A, Valla M, Copéret C, Sautet P: Cooperativity between Al Sites Promotes Hydrogen Transfer and Carbon–Carbon Bond Formation upon Dimethyl Ether Activation on Alumina. ACS Central Science, 5. August 2015, doi: externe Seite10.1021/acscentsci.5b00226

Vergr?sserte Ansicht: Symbolbild
Methanol – beziehungsweise sein Abk?mmling Dimethylether (links dargestellt) – wird auf der Oberfl?che von Aluminiumoxid zu Ethen (oben Mitte) umgesetzt. (Grafik: Aleix Comas-Vives / ETH Zürich)
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