Genialer Funken für personalisierte Therapien

Der Spark Award 2015 geht an eine Gruppe Forscher um ETH-Professor Manfred Kopf. Sie hat eine Methode entwickelt, mit der sich spezifische Eigenschaften von Immunzellen bestimmen lassen. Die Technologie k?nnte zu einem wichtigen Werkzeug für die personalisierte Medizin werden.

Jan Kisielow, Manfred Kopf und Franz-Josef Obermair
Die Gewinner des diesj?hrigen Spark Award: Jan Kisielow, Manfred Kopf und Franz-Josef Obermair (v.l.n.r.). (Foto: Oliver Bartenschlager / ETH Zürich)

145 Erfindungen, von denen 82 zum Patent angemeldet wurden: So viele geniale Ideen für neue Technologien haben Forschende der ETH Zürich im Jahr 2014 entwickelt. Die wirtschaftlich vielversprechendsten kürt die ETH j?hrlich mit dem ?Spark Award?. Dabei bewerten externe Juroren sowie die Spezialisten von ETH transfer, der Technologietransferstelle der ETH Zürich, Originalit?t und Potential der Erfindung.

?Haben Sie sich schon einmal gefragt, was ein ?Spark?, also ein Funken eigentlich ist?? begrüsste Detlef Günther, Vizepr?sident für Forschung und Wirtschaftsbeziehungen der ETH Zürich, die G?ste bei der Verleihung des diesj?hrigen Spark Award. Ein Funken sei etwas hochgradig Energiegeladenes, so Günther. Ein geladenes Teilchen, das Licht ausstrahle, und der Energietransfer, der dabei stattf?nde, gehe typischerweise vom st?rksten Teilchen aus. ?Und an diesem Abend suchen wir das innovativste Teilchen, oder die Gruppe von Teilchen, mit der innovativsten Idee.?

Dieses Jahr erhalten ETH-Professor Manfred Kopf und seine Mitarbeiter Jan Kisielow und Franz-Josef Obermair die Auszeichnung für eine neue Technologie, mit der sich in grossem Massstab und auf einfache Weise spezifische Immunzellen, sogenannte T-Zellen, charakterisieren lassen. ?Wir hoffen, unsere Technologie wird in vielen klinischen Bereichen ein wertvolles Werkzeug werden, sei es in der Diagnostik oder für individualisierte Therapien?, sagt Kisielow, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für molekulare Gesundheitswissenschaften.

Zielsuche im Hochdurchsatz

T-Zellen tragen spezifische Rezeptoren, mit denen sie virusinfizierte oder entartete K?rperzellen erkennen, so dass sie diese unsch?dlich machen k?nnen. Wenn die T-Zellen heranreifen, entstehen aus ihnen unz?hlige Varianten mit unterschiedlichen Rezeptoren, die jeweils andere Zielstrukturen (sogenannte Antigene) erkennen. ?ber ein komplexes Auswahlverfahren eliminiert das Immunsystem diejenigen T-Zellen, die gesunde K?rperzellen erkennen. Es bleibt ein Bataillon von T-Zellen mit verschiedenen Rezeptoren, welche auf alle m?glichen k?rperfremden oder abnormen Antigene passen. Bei Autoimmunerkrankungen, wie zum Beispiel bei Polyarthritis oder Multipler Sklerose, entstehen T-Zellen mit Rezeptoren, die f?lschlicherweise gesunde K?rperzellen erkennen und angreifen.

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Im Video erkl?rt Jan Kisielow die Technologie zum Charakterisieren spezifischer Eigenschaften von T-Zellen (Englisch).

Die Methode von Kopf, Kisielow und Obermair ist ein Hochdurchsatzverfahren, mit dem sich die von T-Zellen erkannten Antigene identifizieren lassen. Dabei pr?sentiert eine mit einem Leuchtsignal ausgerüstete Zelle jeweils ein Antigen aus einer Bibliothek von Kandidatenmolekülen auf ihrer Oberfl?che. Bindet nun eine T-Zelle mit ihrem Rezeptor an dieses pr?sentierte Molekül, knipst dies das Leuchtsignal an und meldet somit den Kontakt zwischen T-Zelle und Antigen. ?ber das Leuchtsignal l?sst sich das entsprechende Antigen aus der Bibliothek herausfischen und identifizieren.

Das k?nnte erm?glichen, für jeden Autoimmun-Patienten massgeschneiderte Therapien zu entwickeln. Kennt man beispielsweise bei einer Autoimmunerkrankung das Ziel-Peptid der auf Irrwege geratenen T-Zellen, so liesse sich dieses gegebenenfalls maskieren und die gesunden Zellen schützen. Denkbar w?re auch, diese entarteten T-Zellen im Blut der Patienten als Indikator zu verwenden, um Autoimmunerkrankungen zu diagnostizieren. Zudem k?nnten T-Zellen, die sich in unmittelbarer N?he von Tumoren befinden, Erkenntnisse liefern über neue Tumor-Antigene, was eine massgeschneiderte Krebsimmuntherapie erm?glichen k?nnte.

Starke und langlebige Patente

Vergr?sserte Ansicht: Luc Bonnard
Luc Bonnard, Vizepr?sident des Verwaltungsrates der Schindler Group, betonte, wie wichtig starke und langlebige Patente für den Unternehmenserfolg seien. (Foto: Oliver Bartenschlager / ETH Zürich)

Ein weiterer H?hepunkt des Abends war der Vortrag von Luc Bonnard, Vizepr?sident des Verwaltungsrates des Lift- und Rolltreppenherstellers Schindler. Der ETH-Alumnus, der auch von dem wertvollen Wissen sprach, das die ETH ihm damals vor 40 Jahren vermittelt habe, führte durch die Entwicklung der Unternehmensstrategie der Schindler Group, und welche Rolle Innovation dabei gespielt habe. Er betonte dabei, wie wichtig es für den Erfolg des Unternehmens sei, sich auf wenige, dafür aber starke und langlebige Patente zu stützen. Und dass die st?rksten Innovationen von den Bedürfnissen der Kunden vorangetrieben worden seien.

Um die Erfinderinnen und Erfinder der ETH dabei zu unterstützen, ihre Ideen zu einem Produkt weiterzuentwickeln, bietet ETH transfer eine Reihe von Programmen, von Pioneer Fellowships über den Industry Day, bis hin zu Plattformen und Anl?ssen für den Austausch mit erfahrenen Unternehmensgründern. Dieser Austausch sei extrem wertvoll, betonte Silvio Bonaccio, Leiter von ETH transfer. Neben Coaching bietet die Technologietransferstelle auch finanzielle F?rderung, sowie die Infrastruktur, eine Idee zu einem Prototypen weiterzuentwickeln. Wie fruchtbar diese Unterstützung ist, zeigt die beachtliche Bilanz, welche die ETH seit Jahren stabil vorweisen kann: ?ber 20 Spin-Offs werden j?hrlich aus der Taufe gehoben, von denen über 90 Prozent mehr als fünf Jahre überleben.

Weitere Finalisten und ihre Erfindungen

Vier weitere Erfindungen standen im Finale für den ?Spark Award? zur Auswahl. Eine davon, aus der Gruppe von ETH-Professor Raffaele Mezzenga, befindet sich derzeit im Begutachtungsprozess zur Publikation in einer Fachzeitschrift und kann zu diesem Zeitpunkt hier nicht beschrieben werden. Die anderen drei Finalisten brachten folgende Ideen hervor:

Feuerfestes Holz: Holz ist nach wie vor ein wichtiger Werkstoff, stellt aber eine Herausforderung für den Brandschutz dar. Um es feuerfest zu machen, sind verschiedene Verfahren im Einsatz, die jedoch Nachteile bezüglich der Kosten, Umweltvertr?glichkeit und der Materialeigenschaften haben. ETH-Professor Ingo Burgert und seine Mitarbeiter Munish Chanana und Vivian Merk entwickelten nun ein einfaches und kostengünstiges Verfahren, um Holz durch Eintauchen in zwei umweltfreundliche L?sungen zu impr?gnieren. Dabei mineralisiert das Holz und wird dadurch weniger entflammbar. (externe SeiteVideo in Englisch)

Fluoridierung von therapeutisch interessanten Molekülen: Fluor-Atome spielen eine Schlüsselrolle in der pharmazeutischen Chemie. Gezielt in einem pharmakologisch interessanten Molekül platzierte Fluor-Atome ver?ndern dessen Eigenschaften, so dass zum Beispiel seine Wirkung stark erh?ht wird. Das Fluoridieren ist allerdings ein schwieriges Verfahren, da dabei oft zwei spiegelbildliche Varianten (Enantiomere) entstehen, von denen aber nur eine erwünscht ist. ETH-Professorin Helma Wennemers und ihr Mitarbeiter Jakub Saadi haben einen chemischen Baustein entwickelt, mit dem sich gezielt Fluoratome in der gewünschten Enantiomer-Variante in therapeutisch interessante Moleküle einbringen lassen. (externe SeiteVideo in Englisch)

Gegen akute und chronische Entzündungen: Sogenannte oxidierte Phospholipide spielen eine wichtige Rolle bei der Regulation von Entzündungsprozessen im K?rper. Einige wirken entzündungshemmend, was sie als Therapeutikum für entzündliche Erkrankungen interessant macht. Die ETH-Professoren Manfred Kopf und Erick Carreira haben gemeinsam mit ihren Mitarbeitern Julian Egger, Peter Bretscher und Stefan Freigang eine zyklische oxidierte Phospholipid-Struktur entwickelt, die Entzündungen viel st?rker hemmt als sonstige bekannte Moleküle. (externe SeiteVideo in Englisch)

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