Stickstoff-Emissionen gelangen in die Meere

Die Aktivit?ten des Menschen haben einen direkten Einfluss auf die Biogeochemie der Weltmeere – nicht nur, was den Kohlenstoff angeht. Forscher haben nun nachgewiesen, dass auch Stickstoffverbindungen aus Verbrennungsprozessen und der Landwirtschaft über die Atmosph?re ins offene Meer gelangen.

Vergr?sserte Ansicht: Symbolbild
Stickoxide aus Kohlekraftwerken gelangen über die Atmosph?re auch in den Ozean, wie Forschende nun nachgewiesen haben. (Bild: iStock.com / Montage)

Wenn fossile Energietr?ger bei hohen Temperaturen verbrannt werden, wie etwa in Kohle- und Gaskraftwerken oder bei ?lheizungen, bilden sich Stickoxide und andere reaktive Stickstoffverbindungen, die in die Atmosph?re gelangen. Auch aus der Landwirtschaft gelangt reaktiver Stickstoff in die Atmosph?re. Dies, wenn ein Teil des als Dünger eingebrachten Stickstoffs als Stickoxid oder als Ammoniak an die Atmosph?re verloren geht. Diese Emissionen sind in den letzten Jahrzehnten massiv angestiegen, vor allem in Ostasien, wo sie im letzten Jahrzehnt um 40 Prozent zugenommen haben.

Lange gingen Wissenschaftler davon aus, dass diese Stickstoff-Emissionen h?chstens zu regionalen  Problemen führen, etwa zu schlechter Luftqualit?t. Konsequenzen auf globaler Ebene befürchteten sie weniger. Das liegt daran, dass die meisten reaktiven Stickstoff-Substanzen relativ gut vom Regen ausgewaschen werden, und sie somit mehrheitlich da zur Erde zurückgelangen, wo sie emittiert wurden.

?ber Tausende Kilometer verfrachtet

Ein internationales Forscherteam unter Beteiligung der ETH Zürich zeichnet nun ein etwas anderes Bild: In einer soeben im Fachmagazin ?Science? ver?ffentlichten Studie wiesen sie im Nordpazifik eine Zunahme des Nitratgehaltes nach. Beim Nitrat handelt es sich um die stabilste Form von reaktivem Stickstoff im Ozean. Diese Zunahme führen sie auf menschgemachte Stickstoff-Emissionen aus Ostasien zurück. ?Wir haben in dieser Studie erstmals schlüssig aufgezeigt, dass der Mensch direkt in den Stickstoffkreislauf der Weltmeere eingreift, und dies Tausende von Kilometern entfernt von der Quelle?, sagt Nicolas Gruber, Professor für Umweltphysik an der ETH Zürich und Mitautor der Studie.

Laut der Studie stammt die Zunahme des Nitrates im Nordpazifik zu einem grossen Teil aus Verbrennungsprozessen in Ostasien, sowie zu einem kleineren Teil aus der dortigen Landwirtschaft. Die vorherrschenden Westwinde trugen diese Stoffe über den Pazifik , wo vor allem der Regen sie aus der Luft ins Meer wusch.

Blick in die Vergangenheit

Vergr?sserte Ansicht: Forschungsschiff
Wissenschaftler nehmen auf einem Forschungsschiff Wasserproben aus dem Ozean – hier im Atlantik. (Bild: Nicolas Gruber / ETH Zürich)

Für die Studie verwendeten die Forscher N?hrstoffdaten der letzten Jahrzehnte aus verschiedenen Ozeantiefen. ?Der Ozean durchmischt sich nur langsam, und das Wasser im Ozeaninnern ist ?lter als jenes an der Oberfl?che?, erkl?rt Gruber. Daher erlaubten Proben aus dem Ozeaninnern Rückschlüsse auf die chemische Zusammensetzung der Meeresoberfl?che in der Vergangenheit. Es sei so m?glich, bis zu 40 Jahre in die Vergangenheit zu blicken.

Bisher gingen die Forscher davon aus, dass die vom Mensch verursachte Erh?hung des Stickstoff-Eintrages in die Meere über die Atmosph?re zu klein sei, um nachgewiesen werden zu k?nnen. Dies vor allem daher, weil im Ozean grosse Mengen Nitrat vorhanden sind, insbesondere in der Tiefe.

M?glich war der Nachweis des menschgemachten Eintrags dank einer von Gruber entwickelten Methode, die das Verh?ltnis von Nitrat zu Phosphat nutzt. So konnten die Forscher das menschgemachte Signal in den obersten 500 Metern des Ozeans klar identifizieren. Insbesondere in der N?he der Oberfl?che betr?gt die Zunahme einige Mikromol pro Liter über die letzten dreissig Jahre, was fast einer Verdopplung der lokalen Konzentration entspricht. ETH-Doktorand Simon Yang best?tigte die so gefundene Stickstoff-Zunahme mittels Computerberechnungen mit einem Erdsystemmodell. Diese Modellrechnungen ergaben ein ?hnliches Bild.

Düngung des Ozeans

?ber die Folgen, die der Eintrag von reaktivem Stickstoff im Ozean hat, k?nnen die Forscher derzeit nur spekulieren. ?Da im Nordpazifik biologisch verfügbarer Stickstoff eher Mangelware ist im Vergleich zu anderen N?hrstoffen, dürfte ein Stickstoff-Eintrag einen Düngungseffekt haben und somit das Wachstum von Algen begünstigen?, sagt Gruber. Vorstellbar sei auch, dass als Folge davon gewisse Bakterienarten seltener würden, n?mlich jene, die sich auf die sogenannte Stickstoff-Fixierung spezialisiert h?tten. Diese Bakterien k?nnen molekularen Stickstoff in biologisch verfügbare Stickstoffverbindungen umwandeln. Reichern sich solche Stickstoffverbindungen über den Eintrag aus der Atmosph?re an, verlieren diese Mikroorganismen ihre Bedeutung für das ?kosystem Ozean.

Einer detaillierten Untersuchung der Folgen des Stickstoff-Eintrags in den Pazifik m?chten sich die Wissenschaftler in der Zukunft annehmen. Dies auch deshalb, weil der Eintrag in die Meere nach Ansicht der Forscher in Zukunft noch steigen wird. Zumal nicht davon auszugehen ist, dass die Emissionen an reaktivem Stickstoff in die Atmosph?re global in naher Zukunft sinken werden.

Literaturhinweis

Kim IN, Lee K, Gruber N, Karl DM, Bullister JL, Yang S, Kim TW: Increasing anthropogenic nitrogen in the North Pacific Ocean. Science, Online-Publikation vom 27. November 2014, doi: externe Seite10.1126/science.1258396

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