Kritische Stimmen fördern

Die ETH Zürich hat im Beisein zahlreicher G?ste den traditionellen ETH-Tag 2014 feierlich begangen. Der abtretende ETH-Pr?sident Ralph Eichler wurde speziell gewürdigt. Im Zentrum der Reden stand die Besorgnis um eine zunehmende Isolierung der Schweiz.

Vergr?sserte Ansicht: Lino Guzzella
Rektor Lino Guzzella bei seiner Rede zum ETH-Tag 2014. (Bild: ETH Zürich / Oliver Bartenschlager)

?Eine gute Hochschule vermittelt nicht prim?r Wissen, sondern die F?higkeit zu denken?. Dies sagte ETH-Rektor Lino Guzzella in seiner Rede zum diesj?hrigen ETH-Tag. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler müssten ihren Forschungsansatz sorgf?ltig ausw?hlen, dabei die Suchrichtung immer wieder justieren und ihre eigenen Resultate selbstkritisch prüfen. Kritische Stimmen sind deshalb nicht nur zuzulassen, sondern sogar zu f?rdern. Die ETH Zürich sei deshalb daran, mit einer breit abgestützten Initiative das eigenst?ndige Reflektieren noch verst?rkt ins Curriculum ihrer Studierenden aufzunehmen.

Aber auch der Dialog mit Menschen ausserhalb des Hochschulbereichs sei wichtig, erkl?rte der ETH-Rektor weiter. So führten insbesondere die Beziehungen zwischen Forschung und Wirtschaft in jüngster Vergangenheit zu einigen Debatten. Zuerst gelte es festzuhalten, dass die ETH den gesetzlichen Auftrag habe, mit der Wirtschaft zusammenzuarbeiten. Andererseits müssten Kooperationen zwischen Unternehmen und Hochschulen korrekt abgewickelt werden. Transparenz und Unabh?ngigkeit seien zentrale Werte einer Hochschule wie der ETH. So k?nnten alle Donationsvertr?ge eingesehen werden, und alle diese Vertr?ge müssten die Lehr- und Forschungsfreiheit wie auch das Recht auf Publikation der Forschungsergebnisse garantieren, hielt Guzzella fest.

Rankings und Abstimmungsergebnisse

Der Rektor ?usserte sich besorgt über die zunehmende Tendenz zur ?Boulevardisierung? des Hochschulbetriebs. Am klarsten sichtbar sei diese bei den immer mehr um sich greifenden Rangierungslisten. ?Eine gute Position in diesen Rankings ist das Nebenprodukt einer guten Hochschulentwicklung und nicht deren Ziel. Rankings sind wie Aktienkurse: Man darf sie nicht ignorieren, aber man darf sie auf keinen Fall als einzigen Indikator der Qualit?t verwenden?, betonte Guzzella.

Zum Schluss ging der ETH-Rektor noch auf das Thema Offenheit und Internationalit?t ein. Das Resultat der Abstimmung vom 9. Februar dieses Jahres sei ein demokratisch gef?llter Entscheid und als solcher von allen zu akzeptieren. Gleichzeitig müsse er aber als einer der Verantwortungstr?ger dieser Hochschule darauf hinweisen, dass die ETH auf einen ungehinderten Zugang zum globalen Talentpool angewiesen sei, um ihren Auftrag erfüllen zu k?nnen. ?Die ETH ist für die Schweiz unter anderem deshalb nützlich, weil sie brillante K?pfe aus der ganzen Welt hierher holt und diese Menschen in der Schweiz integriert?, so der ETH-Rektor.

Swiss Innovation Valley

Vergr?sserte Ansicht: Martin Vetterli, SNF
Der SNF-Pr?sident Martin Vetterli entwickelte in seiner Rede eine Vision der Forschungslandschaft Schweiz. (Bild: ETH Zürich / Oliver Bartenschlager)

Martin Vetterli, Pr?sident des Nationalen Forschungsrats des Schweizerischen Nationalfonds SNF, machte in seiner Festansprache die zahlreichen Vernetzungen zwischen der Schweizer und der europ?ischen Forschung sichtbar. Die Schweiz, welche 0,11 Prozent der Weltbev?lkerung ausmache, produziere 1,2 Prozent der wissenschaftlichen Publikationen. Damit ist die Schweiz weltweit auf Platz 1 bezüglich Publikationen pro Kopf. Gem?ss einer kürzlich von Nature durchgeführten Studie h?tten aber mehr als zwei Drittel aller erscheinenden Schweizer Publikationen mindestens einen ausl?ndischen Autor oder eine Autorin.

Vetterli rekurrierte in seine Rede auf das unbeugsame Gallische Dorf aus Asterix und Obelix. Das Vorwort von Asterix erinnere ihn stark an gewisse Tendenzen in der heutigen Schweizer Politik, insbesondere mit Europa. Was ihn aber früher schmunzeln liess, mache ihn heute nerv?s, so der SNF-Pr?sident. Im Gegensatz zu den Galliern im Comic verfügten die Schweizer n?mlich nicht über einen Zaubertrank. Aus diesem Grund formulierte Vetterli deutlich: ?Die Schweiz muss langfristig am europ?ischen Forschungsraum teilhaben. Daran führt kein Weg vorbei. Die gegenw?rtige politische Isolierung wird sonst zu einem Verlust der schweizerischen Wissenschaftsexzellenz führen – und damit auch zum Verlust eines wichtigen Innovations- und Wirtschaftsmotors unseres Landes.?

Der SNF-Pr?sident entwickelte eine Vision der Forschungslandschaft Schweiz, in der er das Land mit dem amerikanischen Silicon Valley verglich. Bei der Einwohnerzahl, dem Territorium und der Qualit?t der Hochschulen zeigte Vetterli erstaunliche Parallelen zwischen den beiden Regionen auf. W?hrend allerdings im Silicon Valley die Risikokapitalsumme enorm viele h?her sei, sei dafür die Infrastruktur in der Schweiz viel besser. Vetterlis Fazit aus dem Vergleich: ?Die Schweiz k?nnte für Europa die Rolle spielen, wie sie das Silicon Valley in Amerika spielt.?

Würdigung von ETH-Pr?sident Ralph Eichler

Vergr?sserte Ansicht: Ralph Eichler
Der abtretende ETH-Pr?sident Ralph Eichler richtete auch einige Grussworte an die G?ste. (Bild: ETH Zürich / Oliver Bartenschlager)

Bei der diesj?hrigen Feier wurde zudem ETH-Pr?sident Ralph Eichler speziell geehrt, der nach sieben Jahren sein Amt 2015 an Lino Guzzella übergeben wird. Der Pr?sident des ETH-Rats, Fritz Schiesser, würdigte die grossen Verdienste von Ralph Eichler nicht nur als Pr?sident der Hochschule, sondern auch als langj?hriges Mitglied des ETH-Rats, dem strategischen Führungs- und Aufsichtsorgan des Bundes für den ETH-Bereich. Er betonte zudem die grosse Bedeutung der ETH Zürich für den gesamten Bildungs-, Forschungs- und Innovationsplatz und bezeichnete die Hochschule als ?eine Erfolgsgeschichte, auf die die Schweiz stolz sein kann?. Einen Blick in die Zukunft nahm Ralph Eichler in seinem Grusswort vor und unterstrich, wie wichtig die Autonomie für jede Hochschule sei. ?Keine Bundesbeamtin, kein ETH-Pr?sident kennt die Zukunft, somit müssen wir breit aufgestellt sein, um m?gliche Entwicklungspfade auszuloten?, erkl?rte der ETH-Pr?sident.

Zwei neue Ehrendoktoren

Vergr?sserte Ansicht: Ehrendoktoren 2014
Die neuen Ehrendoktoren Prof. Peter J. Bickel und Prof. Nick McKeown, zusammen mit ETH-Rektor Lino Guzzela (Mitte) und den Departementsvorstehern Prof.Peter Bühlmann (l.) und Prof. Bernhard Plattner (r.). (Bild: ETH Zürich / Oliver Bartenschlager)

Die ETH Zürich würdigte zwei Forschende für ihre ausserordentlichen Leistungen in Wissenschaft, Lehre und Praxis mit der Ehrendoktorwürde. Der 1940 geborene Peter J. Bickel ist Professor für Statistik an der University of California, Berkeley, und hat mit seinen fundamentalen Beitr?gen in diversen Gebieten die mathematische Statistik modernisiert und grundlegend beeinflusst. Er gilt zudem auch als hervorragender Lehrer, da viele seiner ehemaligen Studierenden bedeutende Positionen auf dem Gebiet der Statistik und der ?konomie einnehmen. Nick McKeown ist der zweite neue Ehrendoktor der ETH Zürich. Der Professor für Elektrotechnik- und Computerwissenschaften an der Stanford University wurde 1963 in England geboren. Er hat sich einen Namen gemacht mit seinen bahnbrechenden Arbeiten auf dem Gebiet der Computernetzwerke, insbesondere auch mit seinen Beitr?gen zur Architektur von Internet-Routern und von ?Software Defined Networking?.

Designierte Rektorin erh?lt goldene Eule

Vergr?sserte Ansicht: Lino
Der amtierende ETH-Rektor Lino Guzzella gratuliert der designierten Rektorin Sarah Springman zur Goldenen Eule. (Bild: ETH Zürich / Oliver Bartenschlager)

Am ETH-Tag zeichnen die Studierenden Lehrpersonen für ihre engagierte und exzellente Lehre aus. Pro Departement erhalten jeweils eine Dozentin respektive ein Dozent eine Goldene Eule vom Verband der Studierenden an der ETH Zürich (VSETH). Im Departement Bau, Umwelt und Geomatik vergaben die Studierenden dieses Jahr den Preis an Professor Sarah Springman, die ihr Amt als neue ETH-Rektorin am ersten Januar 2015 antreten wird. Basierend auf der Umfrage bei den Studierenden für die Vergabe der Goldenen Eule werden auch die Kandidatinnen und Kandidaten für einen weiteren Award im Bereich Lehre ermittelt. Den Credit Suisse Award for Best Teaching 2014 erh?lt Assistenzprofessor Michael Eichmair vom Departement Mathematik.

JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert