Computergestützte Brücke zwischen Industrie und Hochschule

Die Atmosph?re ist gesch?ftig, aber konzentriert. In jedem Stockwerk am Sitz des Computational Science and Engineering Laboratory (CSElab) der ETH Z¨¹rich sitzen Gruppen von PhD-Studierenden und schleifen an ihren Pr?sentationen, die sie in kurzer Zeit Vertretern von Industrieunternehmen wie IBM, ABB, Alstom oder ASCOMP zeigen werden. F¨¹nf Tage lang haben Doktorandinnen und Doktoranden der ETH Z¨¹rich und der Universit?t Z¨¹rich im Rahmen der Academia Industry Modeling (AIM) Week an einer Aufgabe gearbeitet, die ihnen Vertreter dieser Industriepartner vorgestellt hatten.

Das ist denn auch die Grundidee dieser Lehrveranstaltung: PhD-Studierende aus unterschiedlichen Fachbereichen arbeiten in Gruppen eine Woche lang intensiv an konkreten und realen ungel?sten Problemen, die ihnen von Industriepartnern gestellt werden. Die AIM Week fand dieses Jahr zum ersten Mal statt. Die Anregung, eine solche Intensivarbeitswoche durchzuf¨¹hren, stammte von Petros Koumoutsakos, Professor f¨¹r Computational Science der ETH Z¨¹rich; beim Mathematiker R¨¦mi Abgrall und beim Astrophysiker Romain Teyssier vom ICS der Universit?t Z¨¹rich stiess er mit seiner Idee auf offene Ohren.

Explosive Beh?lter und energiehungrige Rechner

So suchte IBM nach Methoden, um bestimmte Berechnungen in Computern m?glichst energieeffizient ausf¨¹hren zu k?nnen. ABB pr?sentierte die Aufgabe, die Druck- und Dichteverteilung eines Gases in einem geschlossenen Beh?lter zu simulieren. Dies ist notwendig, um den Beh?lter und die ?berdruckventile so zu gestalten, dass er im Falle eines Lichtbogens nicht explodiert.

?Es ist spannend, an etwas zu arbeiten, das tats?chlich einmal in der Industrie Verwendung finden k?nnte?, sagte der Astrophysiker Michael Rieder, der sich mit dem ABB-Projekt besch?ftigte. Normalerweise befasst er sich mit der Berechnung von Galaxien. Zusammen mit Elena Gavagnin, wie Rieder Astrophysikerin am Institut for Computational Science (ICS) der UZH, sowie den Computerwissenschaftlern Sergej Ivannikov und Christian Conti vom CSElab der ETH Z¨¹rich berechnete er die Simulationen f¨¹r die Ausbreitung des Gasdruckes im Beh?lter.

?Daf¨¹r haben wir eine Software verwendet, mit der wir in der Regel die Entstehung von Galaxien simulieren?, erkl?rte Gavagnin. Sie fand es spannend, dieses Instrument f¨¹r eine ganz andere Aufgabe einzusetzen. Lehrreich und interessant war f¨¹r sie die Zusammenarbeit im gemischten Team: ?Die Computerwissenschaftler gehen beispielsweise viel strukturierter an die Aufgabe heran, als ich es gewohnt bin?. Das Team musste in k¨¹rzester Zeit eine f¨¹r sie ungewohnte Fragestellung bearbeiten. ?Wir haben eine sehr spezifische Aufgabe erhalten?, erkl?rts Ivannikov. ?Und wir mussten mit einem vereinfachten Modell rechnen, um in der kurzen Zeit zu einem Ergebnis zu kommen.? Er h?tte sich deshalb gew¨¹nscht, mehr Zeit zur Verf¨¹gung zu haben.

Vielf?ltige Kontakte

Dass sich die PhD-Studierenden im Programm gegenseitig kennenlernen und im Team an Problemen arbeiten k?nnen, war eines der Ziele, das die Initiatoren mit der AIM Week verfolgen. ?An seiner PhD-Thesis arbeitet man meistens f¨¹r sich. Hier aber kommen PhD-Studierende aus unterschiedlichsten Fachgebieten zusammen, um gemeinsam an einem Problem zu arbeiten. Weil jeder von einer anderen Disziplin her kommt, kann der Austausch sehr kreativ sein?, sagte Roman Theyssier, Professor f¨¹r rechnergest¨¹tzte Astrophysik am Institut f¨¹r Computerwissenschaften der Uni Z¨¹rich. Dar¨¹ber hinaus erhielten die PhD-Studierenden ein Gef¨¹hl daf¨¹r, welche realen Probleme sich in der Industrie stellen und konnten erste Kontakte zu Unternehmen kn¨¹pfen. ?Das gibt ihnen Selbstvertrauen, wenn sie sich sp?ter bei einem Unternehmen bewerben. Sie wissen, dass sie schon an Fragestellungen gearbeitet haben, die in einem industriellen Umfeld relevant sind?, sagte der Uni-Professor.

Die Computerwissenschaftlerin Lina Kulakova vom CSElab und der Chemiker Mauro Del Ben vom ICS arbeiteten am Problem des Energieverbrauchs von Computern. ?Wegen Problemen mit der Infrastruktur konnten wir uns erst vor einem Tag zusammensetzten und unsere Ans?tze zusammenbringen?, erkl?rte Del Ben. ?Wir mussten dann quasi nochmals von Null beginnen.? Mit der L?sung, die sie fanden und vorstellen konnten, waren die beiden jedoch zufrieden. Sie fanden unter anderem heraus, dass die geeignete Methode, den Energieverbrauch zu minimieren, auch davon abh?ngt, welche Art von Berechnung man ausf¨¹hrt. ?Nun m¨¹ssen wir es nur noch sch?n pr?sentieren?, meint Kulakova.

L?sung von hoher Qualit?t

Ob er den L?sungsanatz aufnimmt und ihn weiter verfolgt, ist letzten Endes dem Industriepartner ¨¹berlassen. Marcelo Buffoni und Bernardo Galletti, Senior und Principal Scientists bei der ABB, waren von der L?sung, die ihnen die Doktoranden pr?sentierten, angetan. ?Sie haben uns einen Ansatz gezeigt, auf den wir bisher noch nicht gekommen sind?, so Buffoni. Extrem hilfreich sei gewesen, die unterschiedlich gelagerte Expertise der verschiedenen Teammitglieder kombinieren zu k?nnen.

?Ich h?tte mir zwar eine noch etwas einfachere L?sung erhofft?, sagte Galletti. ?Aber es ist sicher ein Ansatz, der f¨¹r uns von Interesse ist.? Entsprechend zufrieden war er mit dem Ergebnis, das in der kurzen Zeit erreicht werden konnte: ?Die Qualit?t ist ¨¹berdurchschnittlich.?

F¨¹r die beiden Industrievertreter ist es wichtig, dass sie ¨¹ber Plattformen wie die AIM Week mit jungen Forschenden in Kontakt kommen und weitere M?glichkeiten f¨¹r eine Zusammenarbeit ausloten k?nnen.

F¨¹r die beteiligten Professoren war die AIM Week ein Experiment, und zwar ein gelungenes, ist Initiator Petros Koumoutskakos ¨¹berzeugt. ?Diese Woche zeigte auf, dass computerwissenschaftliches Denken die Disziplinengrenzen ¨¹berwindet und eine Br¨¹cke zwischen Industrie und Hochschulen schl?gt, mit deren Hilfe komplexe Probleme gemeinsam gel?st werden k?nnen.? Die AIM Week werde deshalb als Schl¨¹sselelement des PhD-Programmes in Computerwissenschaften weitergef¨¹hrt, sagt der ETH-Professor.

Dieser Artikel von Theo von D?niken erschien zuerst in den externe SeiteUZH Newscall_made.