Pilzgift schützt vor Fadenwürmern

Die meisten landlebenden Pflanzen gehen mit Pilzen Lebensgemeinschaften ein. Davon profitieren beide: Der Pilz, der W¨¹rzelchen der Wirtspflanze mit einem dichten Filz umh¨¹llt, beschafft der Pflanze Spurenelemente und Wasser. Die Pflanze ihrerseits versorgt den Pilz mit Zuckern und anderen Stoffwechselprodukten, die dieser nicht selbst herstellen kann.

Toxisches Protein t?tet Darmzellen ab

In den Zellen eines solchen Wurzelpilzes haben nun ETH-Forschende aus der Gruppe von Mikrobiologieprofessor Markus Aebi ein Protein entdeckt, das f¨¹r das Pilz-Pflanze-Gespann einen weiteren Vorteil hat: Es sch¨¹tzt den Pilz und m?glicherweise auch die Wurzeln vor Fadenw¨¹rmern, denn es ist f¨¹r die Parasiten toxisch. ?Dieses Gift ist wahrscheinlich Teil des Abwehrsystems dieses Pilzes gegen Fressfeinde?, sagt Markus K¨¹nzler, Oberassistent in Aebis Gruppe. Fressen die Fadenw¨¹rmer Pilzzellen, nehmen sie das toxische Protein auf (siehe Video auf der Homepage), wodurch die Darmzellen des Wurms ¨¹ber einen noch nicht verstandenen Mechanismus zerst?rt werden.

Der Pilz bildet das Protein vor allem in seinem Hut, also dem ¨¹ber dem Boden sichtbaren Fruchtk?rper, und im dichten Pilzgeflecht rund um die Wurzelspitzen. Dass das Gift nahe der Wurzelspitzen vorhanden ist, k?nnte darauf hindeuten, dass der Pilz mit dem Gift nicht nur sich selbst, sondern auch die Pflanzenwurzel vor Fressfeinden sch¨¹tzen k?nnte. Viele im Boden lebende Fadenw¨¹rmer k?nnen sich n?mlich nicht nur von Pilzgewebe, sondern auch von Pflanzenzellen ern?hren.

Modifizierter Zucker als Andockstelle

In ihrer Studie, die soeben in der Fachzeitschrit PNAS erschienen ist, zeigen die Forscherinnen und Forscher auf, dass das Abwehrprotein an einen spezifischen Angriffspunkt des Fadenwurms andockt: an einen modifizierten Zucker, den es auf den Oberfl?chen der Wurmdarmzellen aber auch auf denen von Weichtieren wie Schnecken gibt. Auf Zellen von Vertebraten scheint diese Oberfl?chenstruktur nicht vorhanden zu sein.

Weiter konnten K¨¹nzler und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zeigen, dass dieser Angriffspunkt ebenfalls auf bestimmten Bakterien vorkommt, sodass das giftige Protein auch dort andocken kann. Da das Protein mehrere Bindungsstellen f¨¹r die Zielstruktur besitzt, bilden das Protein und mehrere Bakterien Klumpen, sie ?agglutinieren?.

?Diese Reaktion ist interessant, da nahe Verwandte dieses Proteins, sogenannte Homologe, auch bei Tieren - von Wirbellosen wie Pfeilschwanzkrebsen bis zum Menschen - gefunden wurden und dort eine Rolle in der Abwehr gegen Bakterien spielen?, f¨¹hrt K¨¹nzler weiter aus.

Dass pilzliche wie tierische Giftproteine an dieselben Zielstrukturen binden, bedeutet, dass dieser Abwehrmechanismus entwicklungsgeschichtlich sehr alt sein muss. Diese Art von Abwehr geh?rt zum ?angeborenen? Abwehrsystem von so verschiedenen Organismengruppen wie Pilzen, Krebsen oder auch des Menschen.

Nutztiere gegen Parasiten impfen

Die Erkenntnis ebnet auch den Weg f¨¹r praktische Anwendungen: Der ETH-Spin-off externe SeiteMalcisbocall_made, der aus dem Labor der Mikrobiologen hervorgegangen ist, versucht, auf Basis solcher Oberfl?chenzuckerstrukturen neuartige Impfstoffe gegen Parasiten und krankmachende Keime f¨¹r Nutztiere und Menschen hervorzubringen. ?Die Pilze enth¨¹llen uns die Achillesfersen von Fadenw¨¹rmern und Bakterien. Diese Erkenntnisse k?nnen wir nun nutzen, um sie zu bek?mpfen?, hofft K¨¹nzler.