Mit mathematischen Modellen Schizophrenie erkennen

Forschern der ETH und Universität Zürich ist es gelungen, anhand von mathematischen Modellen verschiedene Subtypen von Schizophrenie zu identifizieren. Das bereitet den Weg für zukünftige präzisere Diagnosen und gezieltere Therapien.

Vergr?sserte Ansicht: fMRI
Das Modell der Forscher stellt auf der Basis von fMRI-Bildern eine Diagnose. (Bild: Kay Brodersen, ETH Zürich)

?Patienten mit psychischen Erkrankungen werden heute mehr oder weniger nach dem Prinzip ?Versuch und Irrtum? behandelt?, sagt Klaas Enno Stephan, Professor am Institut für Biomedizinische Technik. Der Grund: Um psychische Leiden zu erkennen und zu diagnostizieren, stehen heute meist nur standardisierte Frageb?gen zur Verfügung. Diese reichen allerdings nicht aus, um beispielsweise auch verschiedene Subtypen einer Krankheit zu bestimmen. Deshalb ist es – im Gegensatz zu k?rperlichen Krankheiten, wo beispielsweise Bluttests Klarheit über die Ursachen schaffen – bei psychischen Erkrankungen meist nicht m?glich, diese auf Anhieb richtig zu diagnostizieren und die Patienten gezielt zu behandeln. Oft dauert es viele Monate, bis eine wirksame Therapie gefunden ist, auf die sie ansprechen.

Forscher aus Stephans Gruppe, angeführt von Kay Brodersen und in Kooperation mit der Berliner Charité, stellen nun einen Ansatz vor, der hier Abhilfe schaffen und dazu beitragen soll, dass psychische Erkrankungen in Zukunft genauer diagnostiziert werden k?nnen. Konkret zeigen die Wissenschaftler, dass es m?glich ist, mit Hilfe eines mathematischen Modells von Hirnaktivit?t Testpersonen mit und ohne Schizophrenie zu unterscheiden und Schizophrenie-Patienten in Subgruppen zu unterteilen.

Test auf mathematischer Basis

Das laut Stephan ?einfache mathematische Modell?, das diese Differenzierung m?glich macht, analysiert Bilder des aktiven Gehirns, die mittels funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRI) erzeugt werden. Daraus berechnet es die Koppelungsst?rke zwischen drei ausgew?hlten Hirnregionen. Diese Berechnungen ermitteln die Intensit?t der Kommunikation zwischen diesen Regionen und sollen Rückschlüsse auf die Art und den Schweregrad der Erkrankung der Schizophrenie-Patienten zulassen.

Um ihr Modell zu testen, liessen die Wissenschaftler 41 Patienten mit Schizophrenie und eine Kontrollgruppe mit 42 gesunden Probanden Bilder anschauen und sich diese merken. W?hrend dieser Arbeitsged?chtnis-Aufgabe zeichneten die Forscher die Hirnaktivit?t der Probanden auf. Denn: ?Das Arbeitsged?chtnis ist ein einfacher Gradmesser für die kognitive Leistungsf?higkeit und ist bei Schizophrenie-Patienten oft stark beeintr?chtigt?, erkl?rt Stephan.

Wie sich zeigte, unterschieden sich die Koppelungsst?rken zwischen den drei untersuchten Hirnarealen deutlich, wenn Kontrollprobanden und Patienten verglichen wurden. Mithilfe des Modells der Forscher liessen sich aber auch die Schizophrenie-Patienten selbst in drei Gruppen mit unterschiedlichen Hirnaktivit?ts-Mustern einteilen. Die ?berraschung: Beim Abgleich mit den – bis dahin nicht in die Analyse einbezogenen – klinischen Symptomen stellte sich heraus, dass die drei gefundenen Gruppen tats?chlich verschiedene Schweregrade der Schizophrenie repr?sentieren.

Neue Wege für Psychiatrie

Stephans Team konnte damit zeigen, dass die Methode in der Realit?t funktioniert und sich mathematische Modelle als Testmethode zur genaueren Diagnose von psychischen Erkrankungen eignen k?nnten. ?Auch das Arbeitsged?chtnis hat sich als relevantes Merkmal und geeigneter Indikator für Subgruppen der Schizophrenie erwiesen?, h?lt Stephan fest.

Das aktuelle Modell ist allerdings nur ein erster Schritt in diese Richtung. Es ist noch lange nicht bereit für den Einsatz in der Praxis. Bis es soweit sein wird, sind noch weitere Studien n?tig. ?Insbesondere fehlen Tests mit Patienten, die zum Zeitpunkt der Untersuchung noch keine Medikamente einnehmen und bei denen die Forscher über die Zeit verfolgen k?nnen, wie sich die Krankheit entwickelt, welche Medikamente helfen und ob die Vorhersagen des Modells zum Krankheitsverlauf eintreffen?, erkl?rt Stephan. ?Unsere Gruppe gibt es, um solche Modelle zu bauen und zu testen. Viele dieser Modelle werden scheitern, aber einige werden funktionieren und wir hoffen, dass das die Psychiatrie bef?higen wird, neue Wege zu gehen?, sagt Stephan.

Literaturhinweis

Brodersen KH, Deserno L, Schlagenhauf F, Lin Z, Penny WD, Buhmann JM, Stephan KE: Dissecting psychiatric spectrum disorders by generative embedding. NeuroImage: Clinical 4 (2014) 98–111, doi:externe Seite10.1016/j.nicl.2013.11.002

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