Verstärkter Tiefschlaf verbessert das Herz

Wird das Gehirn w?hrend des Tiefschlafs mit leisen T?nen stimuliert, verbessert sich die Herzfunktion deutlich. Das k?nnte unter anderem bei Herzkreislauferkrankungen und für Leistungssportler:innen interessant sein, wie eine neue Studie aufzeigt.

Mann liegt im Bett, auf dem Kopf sitzen Sensoren, am Handgelenk ein Kasten mit Drähten
Ein Proband testet das Tiefschlaf-Stimulationssystem. (Bild: Stephanie Huwiler & Silvia Hofer / ETH Zürich)

In Kürze

Schlaf ist für den Menschen lebensnotwendig. Besonders wichtig für die Gesundheit ist der Tiefschlaf. In diesen Schlafphasen erholt sich das Gehirn, und auch der restliche K?rper scheint sich zu regenerieren.

Nun zeigen Forschende der ETH Zürich und der Universit?t Zürich, dass besonders das Herz-Kreislaufsystem von einem verst?rkten Tiefschlaf profitiert: Gezielte Stimulation mit kurzen T?nen w?hrend der Tiefschlafphase bringt das Herz - insbesondere die linke Herzkammer - dazu, sich st?rker zu kontrahieren und zu relaxieren. Dadurch wird das Blut effizienter in den Kreislauf gepumpt und wieder angesaugt. Die linke Herzkammer versorgt die meisten Organe, die Extremit?ten und das Gehirn mit arteriellem, sauerstoffreichem Blut.

Zieht sich das Herz beim Schlagen zusammen, wird dabei die linke Herzkammer ?hnlich wie ein feuchter Schwamm zusammengedrückt und ausgewrungen. Je st?rker dieses Auswringen auf Anhieb ist, desto mehr Blut gelangt in den Kreislauf und desto weniger bleibt im Herzen zurück. Dies verst?rkt den Blutfluss, was sich positiv auf das kardiovaskul?re System auswirkt.

Diese verst?rkte Verformung der linken Herzkammer nach der n?chtlichen Stimulation konnten Herzspezialisten unter der Leitung von Christian Schmied, Leitender Arzt der Kardiologie am Universit?tsspital Zürich, mittels Echo-Kardiographie (Herz-Ultraschalluntersuchungen) nachweisen. Damit zeigt das interdisziplin?re Forschungsteam erstmals auf, dass eine Erh?hung der Gehirnwellen w?hrend dem Tiefschlaf (Tiefschlafwellen) die Herzfunktion verbessert. Die entsprechende Studie ist soeben in der Fachzeitschrift ?externe SeiteEuropean Heart Journal? erschienen.

?Wir haben deutlich gesehen, dass sowohl die Pumpkraft als auch die Relaxationsf?higkeit des Herzens gr?sser ist nach N?chten mit Stimulation.?
Christian Schmied

?Dass die Stimulation mit T?nen w?hrend des Tiefschlafs einen Effekt auf das kardiovaskul?re System hat, haben wir erwartet. Aber dass dieser Effekt nach nur einer Nacht mit Stimulation so deutlich messbar war, hat uns überrascht?, erkl?rt Projektleiterin und Schlafexpertin Caroline Lustenberger, SNF Ambizione Fellow am Neural Control of Movement Lab der ETH Zürich.

Auch Herzspezialist Christian Schmied ist erfreut. ?Wir haben deutlich gesehen, dass sowohl die Pumpkraft als auch die Relaxationsf?higkeit des Herzens gr?sser ist nach N?chten mit Stimulation verglichen mit N?chten ohne Stimulation.? Beide Faktoren seien ein sehr gutes Mass für die Funktion des Herz-Kreislaufsystems.

Stimulation mit rosa Rauschen

An der entsprechenden Studie nahmen 18 gesunde M?nner im Alter von 30 bis 57 Jahren teil. Sie verbrachten drei nicht aufeinanderfolgende N?chte im Schlaflabor. In zwei N?chten stimulierten die Forschenden die Probanden mit Ger?uschen, in einer Nacht nicht.

W?hrend des Schlafs massen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kontinuierlich die Gehirnaktivit?t, den Blutdruck und die Herzt?tigkeit der Probanden. Die Messungen koppelten sie mit einem Computersystem, das die einlaufenden Daten auswertete.

Sobald die Messwerte anzeigten, dass der Proband in den Tiefschlaf fiel, spielte der Computer Intervalle von sehr kurzen T?nen bestimmter Frequenzen, sogenannten Pink Noise, ein. Diese T?ne h?ren sich wie ein Rauschen an. Auf zehn dieser T?ne folgte eine 10-sekündige Ruhepause, dann konnten erneut welche eingespielt werden. Ein Rückkopplungsmechanismus sorgte dafür, dass das Rauschen zur richtigen Zeit eingespielt wurde und – je nach Gehirnwellenmuster – wieder stoppte.

Durch diesen Versuchsaufbau konnten die Forschenden w?hrend der Ton-Stimulation direkt verfolgen, ob sich der Tiefschlaf weiter verst?rkte und ob sich Herzschlagrate und Blutdruck ver?nderten. ?W?hrend der Stimulation sehen wir klar eine Erh?hung der Tiefschlafwellen, sowie eine Antwort des Herzkreislaufsystems, welche an eine kardiovaskul?re Pulsation erinnert?, beschreibt die Erstautorin Stephanie Huwiler diese direkten Effekte w?hrend des Schlafes.

Am Morgen danach untersuchten die Herzspezialisten mit einer Echo-Kardiographie (Ultraschall) die Funktion des Herzens.

Signifikante Resultate trotz kleiner Gruppe

?Trotz der relativ kleinen Probandengruppe sind die Resultate signifikant. Zudem haben wir die Ergebnisse in zwei unabh?ngigen N?chten reproduziert, das ist statistisch gesehen sehr stark?, sagt Lustenberger.

?Die Behandlung von Herz-?Kreislauferkrankungen k?nnte mit diesem oder ?hnlichen Stimulationsverfahren verbessert werden.?
Caroline Lustenberger

Eine kleine Gruppengr?sse ist laut der Forscherin typisch für Labor-Schlafstudien, da diese viel Ressourcen brauchten. Zudem habe man bewusst nur M?nner ausgew?hlt. Denn diese seien als Untersuchungsgruppe homogener als Frauen in einer vergleichbaren Altersgruppe. So wirken sich bei ihnen der Zyklus oder die Menopause stark auf den Schlaf aus. ?Hat man nur drei N?chte im Abstand von jeweils einer Woche zur Verfügung, spielen bei Frauen Zykluseffekte eine Rolle. Diese h?tten in einer solchen Erststudie m?glicherweise den Stimulationseffekt überlagert?, erkl?rt Lustenberger.

Sie betont jedoch, dass künftige Studien unbedingt auch Frauen berücksichtigen sollten. Denn geschlechtsspezifische Unterschiede im Schlaf und bei der Herzkreislauf-Gesundheit werden immer klarer und sind für die medizinische Grundversorgung entscheidend.

Praktischer Nutzen in der Zukunft

Auf grosses Interesse st?sst diese Studie nicht nur bei Herzmediziner:innen, sondern auch bei Sportlerinnen und Sportlern. ?Insbesondere in der Pr?vention, aber auch im Leistungssport k?nnte ein solches Tiefschlafstimulationssystem in Zukunft verbesserte Herzfunktionen erm?glichen – und m?glicherweise für eine schnellere und bessere Regeneration nach harten Trainings sorgen?, sagt Huwiler, die erste Ergebnisse der Studie im M?rz 2023 am Zürcher Sportkardiologie-Symposium pr?sentiert hat. Und Lustenberger erg?nzt: ?Aber auch die Behandlung von Herz-Kreislauferkrankungen k?nnte mit diesem oder ?hnlichen Stimulationsverfahren verbessert werden. Es ist jedoch zun?chst wichtig zu untersuchen, ob auch Patient:innen von einer solchen Tiefschlafstimulationsmethode profitieren k?nnen?.

Die Forschenden suchen nun weitere, st?rkere Stimulationsmethoden, um das kardiovaskul?re System positiv zu beeinflussen. Um diese zu erforschen, bewirbt sich Huwiler bei Innosuisse um einen Bridge Proof-of-Concept Grant und um den ETH Pioneer Fellowship Grant. Zudem ist sie dabei, zusammen mit Caroline Lustenberger, Simon Baur, und Rafael Polanía ein Start-up namens Eardream aufzubauen, um die neuen Ergebnisse weiterzuentwickeln und in die Praxis zu überführen.

Diese Studie wurde durch den externe SeiteSchweizerischen Nationalfonds (SNF) finanziert.

Flagship-Projekt SleepLoop

Dieses Projekt wurde im Rahmen von externe SeiteSleepLoop, einem Leuchtturmprojekt des Forschungsverbunds externe SeiteHochschulmedizin Zürich, durchgeführt. Initiiert wurde das Projekt von Forschenden des Interdisziplin?ren Zentrums für Schlafmedizin am Kinderspital Zürich und von der Klinik für Neurologie des Universit?tsspitals Zürich. Hauptverantwortlich für die Technologieentwicklung war das Labor für Mobile Gesundheitssysteme der ETH Zürich. An SleepLoop beteiligt sind insgesamt 16 Forschungsgruppen der ETH, der Universit?t Zürich und der Universit?t Ulm.

Literaturhinweis

Huwiler S, Carro-Domínguez M, Stich FM, Sala R, Aziri F, Trippel A, et al. Auditory sleep slow wave stimulation enhances echocardiographic parameters of left ventricular function. European Heart Journal 2023; doi: externe Seite10.1093/eurheartj/ehad630

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