Auf die richtige Technik kommt es an

Agrartechnik geniesst keinen guten Ruf. Dabei ist sie – intelligent weiterentwickelt – wichtig für mehr Nachhaltigkeit und Biodiversit?t in der Landwirtschaft, meint Achim Walter.

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Jedes Jahr staunen wir im Frühling aufs Neue: Das Gras w?chst, die Blumen blühen und die B?ume schlagen aus. Das Wunder der Natur. Ganz ohne unser Zutun machen Pflanzen Früchte, Samen und Knollen. Man sollte meinen, es müsste m?glich sein, auch unsere Lebensmittel etwas naturnaher zu produzieren. Mit mehr Biodiversit?t, weniger Pflanzenschutzmitteln und Dünger, weniger Eingriff durch den Menschen – kurz: mit weniger Technik. Im eigenen Garten klappt es doch auch.

Ohne Technik keine Landwirtschaft

G?rtnern und Landwirtschaft sind jedoch zwei paar Stiefel: Ohne technische Hilfsmittel ist Landwirtschaft bei uns nicht denkbar. Nur durch den Einsatz von Pflügen, Striegel, Feldspritzen, Schleppschlauch-Verteilern und Düngerstreuern lassen sich die meisten Agrarprodukte in industrialisierten L?ndern ?konomisch und in relevanten Mengen herstellen.

Bei Kulturen wie Kartoffeln, Getreide, ?pfeln oder Wein entf?llt ein Grossteil der eingesetzten Technik auf das teils pr?ventive Besprühen der Bl?tter mit Mitteln gegen Sch?dlinge und Pilzkrankheiten. Das gilt auch für die Biokartoffel und den Bioapfel. Die meist hierfür verwendeten kupferhaltigen Pr?parate sind keine ?kologischen Unschuldsl?mmer. Solche und andere ?Hilfsstoffe? m?glichst sparsam einzusetzen, ist von enormer Bedeutung.

Pr?zision statt Giftkeule

Für mich steht daher fest: Fortschrittliche Agrartechnik muss Anwendungen im ?berschuss vermeiden. Hier kann die sogenannte Pr?zisionslandwirtschaft1 helfen: Sie hat das Potenzial, die notwendigen Aufwandmengen je nach Einsatzzweck um 90 Prozent oder mehr zu senken2. Dies etwa, indem sie Dünger, Pflanzenschutz und Bew?sserung nach dem Zustand der Vegetation portioniert und für jede Anwendung optimiert.

Praxisnahe Forschungsarbeiten zeigen: Gerade wer Bio-Landwirtschaft betreiben will, muss sich ganz besonders um ausgefeilte Technik kümmern3,4. Sei es, um den Boden für die Aussaat und das Wachstum der Kulturpflanzen besonders gut zu lockern, oder sei es, um unliebsame Licht- und N?hrstoffkonkurrenten m?glichst mechanisch in Schach zu halten5.

Augenschein im Maschinenpark von morgen

Roboter und Drohne im Einsatz
Agil, pr?zise und klein – das k?nnten die Landmaschinen von morgen sein. (Bild: ETH Zürich)  

Vision?re Ans?tze propagieren sogar, dass Pflanzen in Zukunft nicht mehr in jeweils gleichm?ssigen Abst?nden auf dem Feld stehen, sondern dort, wo es die Bedingungen zulassen, dichter gepflanzt werden als anderswo. Ja, dass wir dereinst zum Beispiel im sogenannten ?Spot Farming? unterschiedliche Kulturen in enger r?umlicher N?he und mit zwischengelagerten Landschaftselementen wie Hecken so anbauen, dass ein naturnahes Feld mit hoher Biodiversit?t entstehen kann5.

Nur: Zur Anlage und Pflege eines solchen Feldes br?uchte es einen anderen Park von Landmaschinen als den, den wir seit Jahrzehnten auf dem Feld sehen. Es br?uchte viele, flexible kleine Maschinen, die miteinander kommunizieren und sich differenzierter als bisher um unterschiedliche Parzellen und Kulturen kümmern: Indem sie Daten zur Bodenqualit?t nutzen, georeferenziert auss?en, Unkr?uter mechanisch j?ten, Stickstoff teilfl?chenspezifisch abgeben und Dünge- und Spritzmittel hochaufgel?st bis auf das Niveau der Einzelpflanze applizieren.

?Intelligente Agrartechnik kann auch Treiber für eine nachhaltige Entwicklung des gesamten Ern?hrungssystems sein.?Achim Walter

Voraussetzung dafür w?ren agile, bilderkennungsstarke Roboter und Drohnen. Hinzu kommen Sensornetzwerke in Feld und Boden, die N?hrstoffgehalt, Feuchte und andere relevante Parameter messen. Und darauf basierend georeferenzierte Landkarten der Bodeneigenschaften, um die Aussaat zu optimieren und das künftige Ertragspotenzial des Feldes zu modellieren. Pflanzenbau, Agrar?kosystemforschung, Landschaftsplanung und Informatik müssten ineinandergreifen5.

Davon profitieren würde nicht nur die Umwelt: Intelligente Agrartechnik kann auch Treiber für eine nachhaltige Entwicklung des gesamten Ern?hrungssystems sein. Klug verknüpfte Daten machen Lebensmittel potenziell rückverfolgbar und verbessern die Information über Herkunft, Produktionsweise, Sicherheit und Umweltbilanz. Transparenz und ein sorgf?ltiger Umgang mit den Daten k?nnen das Vertrauen der Konsumenten in die Landwirtschaft und ihre Produkte st?rken.

Alles nur ferne Agrarfantasien?

Nicht ganz. An der ETH Zürich forschen wir intensiv an der digitalen Landwirtschaft und k?nnen bereits zahlreiche Innovationen vorweisen (siehe Video und Kasten). Dazu z?hlen auch landwirtschaftliche Pr?zisionstechniken, die es mitunter erlauben, Unkr?uter gezielt zu detektieren und nur dort zu hacken, zu striegeln oder zu spritzen, wo es unbedingt notwendig ist.

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Smart Farming an der ETH Zürich. (Video: ETH Zürich)

Vielleicht wird es also gar nicht so lange dauern, bis wir dereinst im Frühling nicht nur das Erwachen der Natur bestaunen, sondern auch viele kleine Flug- und Fahrger?te, welche naturn?here Felder koordiniert beackern.

Achim Walter hat diesen Beitrag zusammen mit Martijn Sonnevelt verfasst.

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