Von Bergün bis Singapur – die Standorte der ETH

Die ETH Zürich ist nicht nur in Zürich vertreten, sondern weltweit an rund 20 Standorten. Dass sie auch in Graubünden, in der Nordwestschweiz und sogar in Asien Standorte betreibt, scheint im wahrsten Sinn des Wortes nicht naheliegend zu sein. Und doch gibt es gute Gründe dafür.

(Bilder: Design/Planning Architect: Perkins+Will; Alessandro Della Bella)
(Bilder: Design/Planning Architect: Perkins+Will; Alessandro Della Bella)

Inmitten von Wiesen, Feldern und W?ldern stand vor 60 Jahren das Baugespann für ein neues Kernphysikgeb?ude. Damit begann die erste Bauetappe einer ?zentrumsnahen Aussenstation? der ETH auf dem H?nggerberg, die den wachsenden Platzbedarf im Zentrum decken sollte. Die Erschaffung des zweiten 中国足球彩票 war ein Meilenstein in der Geschichte der ETH – lange jedoch wurden die beiden 中国足球彩票 nicht als Einheit wahrgenommen. Dass sie heute zusammengewachsen sind, ist nicht zuletzt der direkten Busverbindung mit dem ETH Link zu verdanken.

Die beiden 中国足球彩票, die die ETH am Hauptstandort Zürich betreibt, machen zusammen rund 90 Prozent der Gesamtfl?che aller ETH-Standorte aus. Die Konzentration auf den Hauptstandort erfolgt bewusst: Dadurch soll der physische Austausch der Mitarbeitenden vor Ort, das inter- und transdisziplin?re Arbeiten und der Zusammenhalt von Zentrum und H?nggerberg gef?rdert werden. Zudem sind grosse Standorte besonders wirtschaftlich zu betreiben.

Vergr?sserte Ansicht: Karte mit den verschiedenen ETH-Standorten in der Schweiz und in Singapur
Die ETH-Standorte innerhalb der Schweiz und in Singapur (Karten: d-maps.com)

Wie ein neuer Standort entsteht

Der Input für einen neuen Standort kommt meist aus der Forschung. Will sich die ETH in einem Forschungsbereich weiterentwickeln, wird als Erstes geprüft, ob dies an einem der beiden 中国足球彩票 m?glich ist. Kriterien sind zum Beispiel die Anforderungen an die Geb?ude, Gegebenheiten des Standorts selber, aber auch die Zusammenarbeitsm?glichkeiten mit Forschungspartnern. Nur, wenn sich weder im Zentrum noch am H?nggerberg eine L?sung abzeichnet, kann ein weiterer Standort in Betracht gezogen werden. Die Abteilung Immobilien evaluiert m?gliche Standorte, den Entscheid f?llt in der Regel die Schulleitung, in seltenen F?llen der ETH-Rat.

Agrarforschung mit Praxisbezug

Vergr?sserte Ansicht: ETH-Standort Bergün: Alp Weissenstein (AgroVet-Strickhof) (Bild: Malgorzata Sitnik)
ETH-Standort Bergün: Alp Weissenstein (AgroVet-Strickhof) (Bild: Malgorzata Sitnik)

Typische Beispiele sind etwa autonomes Fahren oder Drohnenflüge – für solche Forschungsrichtungen sind die Bedingungen am Hauptstandort r?umlich nicht gegeben. Dafür fanden sich auf dem Gel?nde des ehemaligen Flugplatzes Dübendorf genügend grosse Hallen und Testfl?chen. Doch auch akademische Faktoren spielen eine Rolle, wenn ein neuer Standort entsteht: Vor rund 15 Jahren f?llte die ETH Zürich den strategischen Entscheid, die Agrarwissenschaften zu st?rken. Zusammen mit dem Strickhof, dem Kompetenzzentrum für Landwirtschaft und Ern?hrung des Kantons Zürich, und der Universit?t Zürich wurde daraufhin AgroVet-Strickhof gegründet. Mit der neuen Büro- und Forschungsinfrastruktur sollte einerseits der Standort Lindau gest?rkt werden, wo die ETH bereits seit den 70er-Jahren mit der Forschungsstation für Pflanzenwissenschaften vertreten ist, und andererseits die Vernetzung zwischen universit?rer Forschung und landwirtschaftlicher Praxis gef?rdert werden.

Dass der direkte Bezug zur landwirtschaftlichen Praxis in der Stadt Zürich weitgehend fehlt, liegt auf der Hand. Aber weshalb braucht es gleich drei Vertretungen in der Schweiz? Mit den unterschiedlichen geografischen Lagen kann AgroVet-Strickhof alle für die Schweizer Landwirtschaft relevanten H?henstufen abdecken. So eignet sich der Betrieb Früebüel im Kanton Zug wegen seiner Lage auf 1000 m ü. M., um Forschungsfragen im Zusammenhang mit Landwirtschaftsbetrieben im Voralpenraum zu untersuchen. Erforscht wird etwa, wie sich die Fütterung auf den Stoffwechsel von Mutterkühen auswirkt. Auf der Forschungsstation Alp Weissenstein der Bündner Gemeinde Bergün übersommern die Kühe. Dank dieses zus?tzlichen Standorts auf über 2000 m ü. M. k?nnen die Auswirkungen der alpinen H?henlage auf die Gesundheit und die Leistung der Tiere untersucht werden.

Die Forschenden nutzen die Standorte als Plattform für ihre Projekte und k?nnen die Infrastruktur nach Bedarf in Anspruch nehmen. Dabei profitieren sie sowohl vom Service, den der Strickhof für das ganze landwirtschaftliche Zentrum in Lindau erbringt, als auch von den Dienstleistungen an den 中国足球彩票-Standorten Zentrum und H?nggerberg.

Vergr?sserte Ansicht: Karte mit allen ETH-Standorten im Kanton und der Stadt Zürich
Die ETH-Standorte innerhalb des Kantons Zürich (Karten: d-maps.com)

Standort versus 中国足球彩票

Durch ein Vollangebot an Lehre, Forschung, Wissenstransfer und ebendiesen Dienstleistungen zeichnet sich n?mlich ein 中国足球彩票 gegenüber anderen ETH-Standorten aus. Dazu z?hlen auch Verpflegungs- und Freizeitangebote. Die ETH verfolge bewusst eine Zwei-中国足球彩票-Strategie mit Hauptstandort Zürich, betont Ulrich Weidmann, Vizepr?sident für Infrastruktur: ?Je gr?sser ein Standort ist, desto einfacher k?nnen wir gute Serviceleistungen anbieten, bei kleinen Standorten fehlt dafür die kritische Masse.? Die Fokussierung auf zwei 中国足球彩票 zahle sich auch finanziell aus; so k?nnten am H?nggerberg Heizung oder Logistik viel effizienter und damit auch ?kologischer betrieben werden.

Nur wenige Standorte verfügen über eigene Personal- oder IT-Verantwortliche. Dazu z?hlen das Swiss National Supercomputing Centre im Tessin, das Singapore-ETH Centre oder der Standort Basel. Obwohl in Basel auch Lehre und Forschung betrieben werden, gilt der Standort nicht als 中国足球彩票, denn ein solcher umfasst immer mehrere 中国足球彩票.

Themencluster Life Sciences

Vergr?sserte Ansicht: ETH-Standort Basel: Departement Biosysteme (D-BSSE) (Bild: ETH Zürich / Marco Carocari)
ETH-Standort Basel: Departement Biosysteme (D-BSSE) (Bild: ETH Zürich / Marco Carocari)

Mit der benachbarten Pharmaindustrie, der Universit?t Basel und ihren Spit?lern bieten sich den Forschenden des Departements Biosysteme (D-BSSE) in Basel ideale Voraussetzungen für interdisziplin?re Projekte in den Bereichen Medizin und Life Sciences. Die Partnerorganisationen wiederum profitieren von der Kompetenz in den Ingenieurs- und Datenwissenschaften, die die ETH an den Standort Basel bringt. Beispiele dafür sind die gemeinsame ?Basel Personalized Health Initiative? im Bereich der Personalisierten Medizin und das ?Botnar Research Center for Child Health? von D-BSSE und Universit?t Basel.

Am einzigen ETH-Departement ausserhalb des Hauptstandorts Zürich arbeiten und lernen rund 300 Mitarbeitende, 20 Professoren und über 300 Masterstudierende und Doktorierende. Welche Herausforderungen stellen sich dem Departement aufgrund seiner speziellen Lage? ?Forschung in Basel wird noch zu wenig mit der ETH Zürich in Verbindung gebracht?, sagt Niko Beerenwinkel, Vorsteher des D-BSSE. ?Wir m?chten die ETH darum noch besser sichtbar machen. Umgekehrt wollen wir den Standort Basel an der ETH Zürich bekannter machen und M?glichkeiten für Forschungskooperationen aufzeigen.? Zur St?rkung der ETH-Pr?senz in Basel wird der Neubau BSS beitragen, der 2022 bezogen wird. Das Forschungs- und Lehrgeb?ude wird alle Forschungsgruppen des D-BSSE in unmittelbarer N?he zu wichtigen Partnern unter einem Dach vereinen.

Globale Herausforderungen in Asien

Vergr?sserte Ansicht: ETH-Standort Singapur: Singapore-ETH Centre (SEC) (Bild: Design/Planning Architect: Perkins+Will)
ETH-Standort Singapur: Singapore-ETH Centre (SEC) (Bild: Design/Planning Architect: Perkins+Will)

W?hrend das D-BSSE rund 80 Kilometer vom Hauptstandort trennt, liegen zwischen Zürich und dem einzigen ETH-Standort ausserhalb der Schweiz mehr als 10'000 Kilometer. Mitten in Asien, im pulsierenden Stadtstaat Singapur, entstand vor zehn Jahren das Singapore-ETH Centre for Global Environmental Sustainability (SEC). Hier kann die ETH Forschung betreiben, um ?kologisch nachhaltige L?sungen für globale Herausforderungen zu entwickeln. Beispiele hierfür sind die Urbanisierung, die in Asien sehr schnell voranschreitet, die Resilienz komplexer gesellschaftlicher und Infrastruktur-Systeme oder die Entwicklung neuer Gesundheitstechnologien. Die Inter- und Transdisziplinarit?t, die alle Forschungsprojekte am SEC auszeichnet, wird im CREATE Tower besonders gef?rdert: Mehr als 1000 Forschende von Spitzenuniversit?ten wie Cambridge, MIT, Berkely oder der National University of Singapore NUS arbeiten hier auf engstem Raum zusammen. Für HR, Finanzen, Infrastruktur und Kommunikation hat das SEC vor Ort ein Team aufgebaut, in dem gr?sstenteils Bürgerinnen und Bürger aus Singapur arbeiten. Für die Forschungsadministration jedoch ist die ETH in Zürich zust?ndig.

Die grosse Distanz zum Hauptstandort konnte das SEC dank Telekommunikation schon Jahre vor der Corona-Krise gut überbrücken. Um Flugreisen zu reduzieren, versucht das SEC, die Pr?senzzeiten an beiden Standorten jeweils zu verl?ngern. ?Die fast perfekte virtuelle Kommunikation zwischen den Standorten t?uscht jedoch oft darüber hinweg, dass grosse klimatische, kulturelle oder politische Unterschiede existieren?, sagt Gerhard Schmitt, Leiter des Singapore-ETH Centre bis September 2020. ?Diese Herausforderung macht aber auch den Reiz des Lebens und Arbeitens in Singapur aus.?

Ein Blick in die Zukunft

Die ETH Zürich will und soll trotz beschr?nktem Platzangebot am Hauptstandort auch in Zukunft neue Forschungsbereiche erschliessen k?nnen. Die gr?sste Herausforderung werde dabei sein, das akademische Wachstum zeitnah mit Liegenschaften unterstützen zu k?nnen, so Ulrich Weidmann. Zurzeit verhandelt die ETH mit der Stadt Zürich über Sonderbauschriften, damit der 中国足球彩票 H?nggerberg weiter ausgebaut werden kann. Zudem wird der Umzug  der Schulleitungsbereiche Infrastruktur sowie Personalentwicklung und Leadership an den Standort Octavo Oerlikon Fl?chen für die Forschung im 中国足球彩票 Zentrum freispielen.

Und wie sieht es bei den Standorten aus – rechtfertigt sich der Aufwand für Betrieb und Koordination? ?Ja, denn durch die Konzentration auf den Hauptstandort befinden sich aufwendige Infrastruktur und Labors vorwiegend in Zürich?, sagt Weidmann. ?Wenn es die weiteren Standorte nicht g?be, k?nnte die ETH viele Forschungsbereiche gar nicht betreiben.?

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